An der Grenze zwischen dem obern Freiamt und dem alten Amte Rotenburg hinter Giebelflüh liegt der Hof „Tossolehn“. Einige Schritte vom Grenzmarchstein ejntfernt stand das alte Bauernhaus, das erst vor etwa 20 Jahren abgebrochen wurde. Dieses Haus soll zur früheren Zeit eine Herberge, Wirtshaus gewesen sein, das allerelei Gesindel aufnahm und beherbergte. An gewissen Tagen, Kilbenen, soll `s da bunt hergegangen sein, und Händel und Schlägereien zwischen den Feiämtlern und Luzernern seien nichts Seltenes gewesen.
In diesem Hause rumorte der Poltergeist. Um die Mitternachtsstunde hörte man in der Küche schmoren und braten, Krüge und Töpfe, Pfannen und allerlei Geschirr herumwerfen. Das Gerumpel und Geklirre war so stark, dass man hätte glauben können, am Morgen läge alles in Stücken durcheinander am Boden. Sah man aber am Morgen nach, so war nicht nur nichts zerbrochen, sondern jedes Gerät an der gleichen Stelle, wo man es am Abend zuvor getan. Oft, besonders an Vorabenden heiliger Tage, hörte man die Ofenbank krachen, gerade so, als ob eine schwere Person sich darauf setze; ja, man glaubte sie keuchen und ächzen zu hören. Der Geist war guter Art, und hat niemanden Schaden oder Leides getan. Seitdem das Haus abgebrochen, hat man auch vom Geiste nichts mehr verspürt. Warum aber die Sellen des alten Hauses noch jahrelang und bis sie zusammengefault auf dem Bauplatze liegen mussten, das habe zwar seinen guten Grund gehabt; darüber will uns aber niemand recht Auskunft geben.
Der alte Gürtler Rehling war in diesem Hause mehrere Jahre zur Miete und hat mit den Seinen diese Vorgänge oft gehört und später erzählt. Dessen Sohn, der alte Gürtlerhans, der noch lebt, weiss darüber zu berichten.
Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.