Früher, vor dem Eidgenossen-Zuge im Jahre 1847 (Sonderbundskrieg), war mitten auf der Gisikerbrücke ein Bild von der heiligen Dreifältigkeit. Am Feste Trinitatis versammelte sich allda das Volk und betete einen Rosenkranz. Überdies finden sich von hier aus gegen Honau zu an der Strasse in einiger Entfernung von einander etliche Bildstöcklein. Die Leute sagten, dies alles sei angeordnet worden wegen einem Gespenste, das bei jenen Stellen seine Ruhepunkte habe.
Im Eidgenossen-Zuge kam das Bild auf der Brücke weg, der Rosenkranz unterblieb und was sonst dort von Andächtigen pflegte gebetet zu werden.
Einst bei finsterer Nacht wollte ein junger, kecker Bursche, der von Gespensterglauben nichts wusste, die Brücke passieren. Man ermahnte ihn ein Licht mitzunehmen, allein er lachte darüber und ging furchtlos auf den Weg. Auf der Mitte der Brücke stiess er mit dem Fusse an ein Ding, das ihm vorkam wie eine zusammengeballte, frische Kälberhaut. Er übertrollte das Wesen, gleichzeitig ergriff ihn ein Frost, er kehrte sogleich um und legte sich krank ins Bett, es kam zum Verwahren, doch genas er wieder.
Später fuhr bei einem jener Bildstöcklein ein Bauer des Ortes mit geladenem Wagen daher. Da wollte das Vieh nicht mehr weiter; er liess noch mehr Gespann holen und zwang die Tiere dort vorbei. In Zeit weniger Wochen wären einige dieser Stücke darauf gegangen. Pferde wollten ebenfalls nicht vorbei, sie rissen aus und sprangen auf einem weiten Umwege weiters. Endlich wollten Kinder auf diesem Wege ein seltsames Tier gesehen haben, das nur ein Auge mitten auf der Stirne hatte.
Quelle: Alois Lütolf, Sagen, Bräuche, Legenden aus den fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug, Luzern 1865. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch.