Der Berg Ried soll einstmals der Aufenthaltsort dreier Geister gewesen sein, welche die Bewohner von Zermatt vielfach belästigten; ja man wollte gehört haben, dass sie sich zum Untergange des ganzen Tales verschworen hätten. Diesem Unglücke zuvorzukommen und endlich der immerwährenden Neckereien los zu werden, liessen die Zermatter aus der Abtei St. Moritz den Abt mit einigen Ordensmännern kommen, um die Geister zu bannen. Mönche begaben sich auf den Riedberg und beschworen die Geister, sich zu zeigen. Es erschienen die Geister, auch der stumme, den man bisher noch nie ein Wort hatte sprechen hören. Diesmal war er nicht mehr stumm, er war der wütendste und gesprächigste.
Als einer der Patres den Überlauten zur Rede stellte, sprach er: «Ich bin dir keine Antwort schuldig, weil du ein Dieb bist.» Der Pater hatte nämlich beim Hinaufgehen ein wenig Gras aus einer Wiese in seine Schuhe gestopft, weil sie ihn drückten. Nachdem er sein Gewissen wieder gereinigt hatte, stellte er den Geist nochmals zur Rede, und dieser gestand ihm dann, er und seine Gehilfen hätten sich vorgenommen, durch einen grossen Felssturz die Vispe so anzuschwellen, dass Zermatt hoch über den Kirchturm hinaus unter Wasser liegen würde; sodann wollten sie plötzlich den Damm durchbrechen und auch das äussere Tal zugrunde richten.
Hierauf nahm der Beschwörer den Geistern die Macht zu schaden und verbannte sie nach verschiedenen Orten, den einen in die äussern Berge, den andern nach Zumtaugwald, den dritten in die Messweiden.
ZERMATT
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch