Am Grossen Berg bei Embd *) war verborgener Tanz. Viel lustiges Jungvolk hatte sich da eingefunden, und es ging recht fröhlich, ja ausgelassen zu. Pfarrer Abgottspon wusste davon. Trotz nächtlichem Dunkel und steilem Pfad nahm er den Rosenkranz in die linke Hand und den dicken Stock in die rechte und stapfte hinüber an den Grossen Berg. Er ging auf das Tanzlokal zu, stiess die Stubentüre weit auf und rief hinein: «So, was treibt ihr da?!» Die ganze muntere Gesellschaft war augenblicklich wie gelähmt; völlig unerwartet war ihnen dieser nächtliche Besuch. Als man sich vom ersten Schrecken erholt hatte, tönte es aus der Reihe der Tänzer: «Oh, wir haben nichts Böses im Sinn; lustig darf man wohl sein!» - «So so, also tanzt einmal weiter», sagte der Pfarrer. Gesagt, getan. Die Diele ächzte und knackte, und Schwüle brütete in der Stube. «Nun seht dort!» rief der besorgte Seelenhirte und zeigte den Tanzenden, wie der Teufel in der Gestalt einer Schlange sie umschlungen hielt und mit ihnen umfuhr.
Alle sahen es, ganz genau. Totenblässe malte sich auf den Gesichtern. Lautlos und bleich stellten sich die Burschen auf die Seite. Die Töchter stiessen Schreie des Schreckens aus. Für dieses Mal war der Tanz zu Ende.
*) Embd (walliserdeutsch: Ämd) ist eine politische Gemeinde des Bezirks Visp
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch