ln der Waldkapelle ist ein Votivbild verlorengegangen, das Stephan Heinzmann, der Grosse genannt, dort aufhängte.
Stephan Heinzmann, der in den Bitzinen wohnte, fuhr einst mit einem Saum Korn nach Brig. Auf dem Rückweg musste er bei Nacht die damals unheimlichen Rohrflühe passieren, wo er unversehens von einem Strassenräuber überfallen wurde. Dessen Losungswort lautete einfach; Geld oder Blut!
Heinzmann, ein beherzter und handfester Mann, verlor die Fassung nicht, sondern packte den Räuber bei der Hand und sprach: «Also gut, jetzt habe ich einen Gesellschafter bis nach Visp; ich gehe nicht gerne allein! Mach mir aber keinen Mucks, noch weniger ein Zeichen, um deine Kameraden herbeizurufen, sonst schlage ich dich augenblicklich mausetot!»
Der Räuber fühlte, dass ihm Heinzmann an Kräften weit überlegen war, und folgte ihm willig an der Hand bis oberhalb Visp. Dort entliess ihn der Grosse mit einem derben Fusstritt und dankte für die geleistete Gesellschaft. Der Räuber antwortete: «Danke nicht mir, sondern deinen festen Knochen!»
Am folgenden Tage fand Heinzmann seine Hände beschmiert vom Blute, das er dem Räuber unter den Fingernägeln ausgepresst hatte.
Aus Dank für die Rettung hängte er in der Waldkapelle die erwähnte Votivtafel auf.
VISPERTERMINEN
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch