Es war an einem Sonntag und das Mundervolk in der Kirche beim Gottesdienste. Der Geistliche hielt eine auffallend lange Predigt. Besorgt, um die zu Hause allein gelassenen Kinder, verliess eine alte Frau die Kirche. Kaum war sie im Freien, sah sie zu ihrem grossen Schrecken den Feind von den hohen Furen (eine Viertelstunde oberhalb Mund) gegen das Dorf herabsteigen. Ohne Verzug stürzte sie in die Kirche und berichtete, was sie gesehen. Ein ungeheurer Tumult entstand. Der Geistliche, wegen der ungewöhnlich langen Predigt im Verdachte des Einverständnisses mit dem Feinde, wurde von der Kanzel herabgestürzt; man bewaffnete sich mit Mistgabeln, Sensen und Knütteln und stürzte auf die feindlichen Berner in der hohen Furen und drängte sie zurück bis auf die Platzmatten (eine Stunde oberhalb Mund).
Hier entspann sich das Gefecht von neuem. Der Feind wurde geschlagen, er floh ins Baltschiedertal und wurde am Orte Rämi gänzlich aufgerieben. Bloss drei Mann blieben übrig. Alle Menschlichkeit vergessend, stachen die Sieger einem die Augen aus mit der höhnischen Bemerkung, er solle jetzt heimgehen und berichten, was er gesehen. Dem zweiten schnitten sie die Zunge aus und bemerkten: «Geh nach Bern und erzähle, was du hier gehört hast.» Dem dritten schnitten sie die Ohren ab, damit er besser höre, was hier gesprochen worden sei und es nach Bern hinterbringe.
Die Berner waren anfänglich ihres Sieges so sicher, dass sie gleich ihre Frauen und Kinder mit Spinnrädern und Hausrat mitbrachten, um sich dann im Wallis häuslich niederzulassen. Die Frauen warteten mit ihrer Habe im Baltschiedertal gegenüber dem Rotbach beim "Luegelstein". Der Rotbach, soll, von Menschenblut ganz rot gefärbt, in den Baltschiederbach geflossen sein.
«Jetzt kommen sie, die Munderköpfe!» rief eine Berner Frau, als sie den Kopf eines gefallenen Kriegers den Rotbach herunterrollen sah. Zu ihrem grossen Entsetzen erkannte sie aber den Kopf des eigenen Mannes.
MUND
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch