Man erzählt, der Kirchturm von Naters sei sehr alt, er sei schon von den Heiden erbaut und erst Jahrhunderte später für den katholischen Gottesdienst eingerichtet worden. Die zwei grossen Glocken in diesem Turme seien auch von den ältesten im Wallis. Die grosse Glocke wiegt fünfzig Zentner und erhielt in der Taufe die Namen Mauritius, Antonia; Mauritius, weil er der Landes- und Kirchenpatron ist, Antonia, weil die Gräfin Antonia Blandrate von Weingarten in Naters Taufpatin der Glocke war. Als sie beim Glockenguss zuschaute und den Meister verzagen und jammern hörte, dass der Guss fehlen müsse, weil zu wenig geschmolzenes Metall vorhanden sei, eilte sie mit einem Vorschoss voll Silbergeschirr herbei und warf es in den Schmelztiegel. Jetzt geriet der Guss und weil viel Silber hineingekommen war, erhielt die Glocke auch einen so majestätischen Ton wie selten eine im Wallis. So weit man den Ton dieser Glocke hört, soll sie einen heilsamen Einfluss auf die Ungewitter ausüben und die Kräfte der schädlichen Geister hemmen. So wollten einst bei einem grossen Ungewitter zwei Berggeister das Fuchs- Gufer oberhalb Naters auf das Dorf herunterstossen. Ein Geist rief dem andern zu: «Stoss, stoss!» Der aber erwiderte: «Ich mag nimme, di grooss Dona litot!»
NATERS
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch