Auf einem hohen Hügel westlich des Dorfes Mörel befand sich einst die Burg Mangepan, worin sich damals Raubritter aufhielten, welche die Leute auf allerlei Weise bedrängten. Ein unterirdischer Gang soll von der Burg bis hinunter zum Land- und Saumwege bei den hohen Flühen geführt haben. Diesen benutzten die Zwingherren, um die Vorbeigehenden aufzufangen und auszuplündern. Die
Bevölkerung von Mörel und Umgebung war ihnen zinspflichtig, indem jede Haushaltung einen Sack voll Korn und beim Metzgen das saftigste Stück Fleisch einhändigen musste. Auch mussten die Neuverheirateten ihre Frau für drei Tage in die Burg schicken.
Da geschah es einst, dass ein Hochzeitszug unter der Burg vorbeizog. Gleich eilte der Zwingherr herbei und wollte die Braut mit sich in die Burg führen. Der Bräutigam stellte sich anfangs ganz willfährig und sagte, er wolle mit der Braut zuerst heimgehen, um das Hochzeitsmahl einzunehmen, der Herr Ritter sei auch dazu eingeladen. Dabei drückte er dem Ritter so kräftig die Hand, dass das Blut zwischen den Nägeln hervorspritzte.
Gern oder ungern musste der Ritter mit zum Hochzeitsmahle, wo er gleich von einigen starken Bauern umringt wurde, welche ihn unter Todesandrohung zwangen, mitzuteilen, auf welche Art die Burg einzunehmen sei. Widerstrebend gab er dann den Rat, man solle einen grossen, starken Lärch fällen, daraus eine Armbrust machen, womit man starke Holzblöcke nach der Burg schiessen könne. Dieser Rat wurde befolgt, und der Ritter selbst musste das Wurfgeschoss bedienen. Erst durch den dritten Schuss wurde eine Bresche in die Mauer geschlagen; die Bauern drangen nun um die Burg ein, zerstörten sie bis auf den Grund und verjagten die noch übrigen Zwingherren.
RIED-MÖREL
Quelle: Walliser Sagen, gesammelt und herausgegeben von Josef Guntern, Olten 1963, © Erbengemeinschaft Josef Guntern.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch