Der Fuchs erzählte, kein Tier auf der Welt sei grausamer als der Mensch. Einmal sei er durch eine Ebene gegangen, da habe eine Schlange einen Mann angefallen, so dass er am Ersticken war. Er sagte zum Fuchs, er solle ihm doch helfen. Der Fuchs erwiderte: «Ich will dir helfen, wenn ich eine Woche lang die Eier deiner Hennen haben kann.» Da meinte der Mann: «Ich will dir auch die Hennen geben, nicht nur die Eier.» Jetzt stürzte sich der Fuchs auf die Schlange und biss sie; da liess die Schlange den Mann los. Der Mann sagte zur Frau: «Nimm diese Woche keine Eier aus dem Hühnerstall, ich habe sie dem Fuchs versprochen.»
Am Samstag erschien der Fuchs im Hühnerstall. Die Frau kam angerannt, und sperrte ihn ein, rief den Mann, und beide versuchten mit einer Mistgabel, den Fuchs zu töten. Unterdessen konnte der Fuchs entwischen, und er sagte: «Das ist der Welt Lohn.»
Er ging ein Stück weiter und sah einen Hund, der heulte traurig und klagte: «Niemand ist so arm dran wie ich und niemand grausamer als der Mensch. Ich habe viele Jahre lang meinem Meister treu gedient, sein Leben und seinen Besitz beschützt, und jetzt, da ich alt und blind bin, wirft er mich auf die Strasse.» Der Fuchs tröstete ihn mit den Worten: «Das ist der Welt Lohn.» Er ging weiter, da sah er eine alte Kuh. Die Kuh jammerte: «Ich war ein so treues Tier; mit meiner Milch habe ich die ganze Familie durchgebracht. Jetzt, da ich alt und zahnlos bin, schicken sie mich bei Wind und Wetter weg und schauen mir nicht einmal nach!» Der Fuchs tröstete die Kuh mit den Worten: «Das ist der Welt Lohn.»
(Oberhalbstein)
Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.