Es waren einmal ein Mann und eine Frau, ein Knabe und ein Mädchen, sowie ein Kater und eine Katze, die mussten ein gläsernes Kämmerlein zerbrechen.
Zuerst versuchte es der Mann. Er nahm die Axt, ging hin und schlug gegen die Wände, dass die zitterten, doch er war nicht im Stande, sie zu zerbrechen.
Dann ging die Frau mit einem kleinen Besen hinauf. Sie schlug damit und auch mit dem Stiel hin und her, doch umsonst.
Da nahm der Knabe, der bärenstark war, eine Hacke und ging hinauf, um es zu versuchen. Doch auch er konnte schlagen und hauen, so viel er wollte: das Kämmerlein blieb ganz.
Da nahm das Mädchen die Hacke, ging hinauf und haute hin und her, so fest sie konnte, bis ihr der Schweiss über die Wangen herunterlief Aber alles war umsonst.
Nun versuchte es der Kater mit seinen Krallen. Er kratzte mit all seiner Kraft. Doch wieder vergebens.
Schliesslich ging die Katze hinauf. Und gerade als sie beginnen wollte zu kratzen, kommt eine Maus daher. Da führt die Katze mit dem Schwanz einen Schlag gegen das Kämmerlein, und dieses zerbricht in tausend Stücke. Nun! Wer war am fähigsten?
«Die Katze!» - «Gut, so hebe ihr den Schwanz auf und lecke den Arsch!»
(Unterengadin)
Quelle: Die drei Hunde, Rätoromanische Märchen aus dem Engadin, Oberhalbstein und Schams. Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler/Kuno Widmer, Desertina Verlag, Chur 2020. © Ursula Brunold-Bigler.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.