In Liedertswil geht die Sage, es habe einst ein geiziger Bauer am Lichs östlich des Dörfleins in der Nacht die Marchsteine zu seinen Gunsten versetzt. Zur ewigen Strafe müsse er in der Geisterstunde dort umgehen, der verlegten Grenze nach, und trage dabei ein Laternlein, das bald verschwinde, bald sichtbar sei. Ein paar junge Burschen hatten die Erscheinung auch gesehen und erzählten davon. Ich erklärte ihnen dieselbe als eine ganz natürliche: «In der Lichsmulde ist eine sumpfige Stelle, wo nur saures Gras wächst. In diesem nassen Boden bildet sich Sumpfgas, das in kleinen Blasen aus dem Boden
aufsteigt und sofort brennt, wenn es mit dem Sauerstoff der Luft in Berührung kommt. Ich bin schon mehrmals dort gewesen und habe sogar am Tage den Vorgang beobachtet.» Das wollte keiner recht glauben, einer, dessen Vater das Land gehörte, glaubte mir ein wenig. Schliesslich sagte ich vergnügt: «Ich gehe um Mitternacht nach dem Lichs. Wer kommt mit?» Heinrich zögerte; doch als ich bemerkte, er könne zur Vorsicht das geladene Gewehr mitnehmen und den Marchsteinversetzer erschiessen, war er bereit, ohne Waffe mitzugehen. «Ihr andern,» fügte ich bei, «könnt uns vom Dörflein her beobachten. Wir rufen euch laut, sobald wir auf der Stelle sind.» Als Heinrich und ich auf dem Lichs angelangt waren, betrat ich sofort das sumpfige Stück und alle paar Schritte zuckte ein Flämmchen auf. Mein Kamerad bekam Vertrauen und trat ebenfalls darauf herum. Schliesslich machte es ihm Spass, er stampfte nur so umher und lachte laut dazu. Wir begannen zu rufen und zu jauchzen, dass sie es im Dörflein wohl hören konnten.
Dann kehrten wir zu den Burschen zurück und fragten, ob sie die Lichtlein gesehen hätten. Sie bestätigten es und Heinrich sagte fröhlich: «Es ist so, wie der Ernst erklärt hat. Wir sind dumme Kerle, wenn wir noch an so was glauben.» Einer meinte nachdenklich: «Aber ganz alles auf Erden, Ernst, kannst du doch nicht erklären.» Ich war und bin heute noch damit einverstanden.
Später hat der Besitzer jenes Landstück entwässert, das hüpfende Lichtlein ist verschwunden und der unselige Marchsteinversetzer hat seine Ruhe im Grabe gefunden.
Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch