Eine alte Frau aus Oberdorf erzählte: Mein Vater wohnte in seinen jungen Jahren in der hintern Gasse. Damals nahm man es mit dem Waldfrevel nicht so genau, und der junge Mann wusste, wo die schlanksten Tännchen, d. h. die schönsten Bohnenstecken wuchsen. Darum bekam er vom Badwirt den Auftrag, eine rechte Bürde glatter Bohnenstecken zu hauen. Um aber kein Aufsehen zu erregen, sollten sie in einer dunkeln Nacht in die Badscheune gebracht werden. Wie abgemacht, so ausgeführt.
Es mochte um zwölf Uhr sein, als mein Vater still von der Badbrücke die Strasse hinab nach Hause gehen wollte. Nach ein paar Schritten war es ihm, als folge jemand; und als er sich umsah, lief lautlos hinter ihm ein grosser, schwarzer Hund. Welche Angst er ausstand! Wusste er doch sofort, dass das der Welthund war. Zitternd erreichte er die strassabwärts nahe gelegenen Schwarzhäuser, wo Verwandte wohnten. Glücklicherweise war noch eine Türe offen, und er schlüpfte in den dunkeln Gang. Etwas nach Mitternacht fuhr damals noch die grosse Baslerpost, von Langenbruck herkommend, durch Oberdorf. Mein Vater benutzte die Gelegenheit; als er sie kommen hörte, verliess er den Gang und sprang hinten auf das Trittbrett des Postwagens. Schon glaubte er, dem Ungeheuer entronnen zu sein; denn er gewahrte es während der Fahrt durchs Dorf nicht mehr. Aber o weh, als er bei der Schmiede vom Trittbrett sprang, um durch das finstere Schmidtengässlein in das elterliche Haus zu gelangen, war der fürchterliche Hund wieder da und blieb ihm auf den Fersen bis zur Haustüre.
Keines Wortes mächtig und zitternd am ganzen Leibe begab sich der junge Mann in seine Kammer. Mit ganz zerschlagenen Gliedern erhob er sich am nächsten Morgen, getraute sich aber nicht, etwas von seinem nächtlichen Abenteuer zu sagen. Erst als es darauf fast drei Wochen lang ununterbrochen regnete, gab er sein Geheimnis preis.
Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch