In Läufelfingen trug ein Schneider den Spottnamen «Millionenschneider» oder «99 Millionenschneider». Dazu soll er auf folgende Weise gekommen sein:
Ein ausgejagter Kapuziner habe ihm angeraten, mit seinem eigenen Blut seinen Namen auf ein Blatt zu schreiben. Dieses Blatt solle er auf einem bestimmten Kreuzweg auf den Boden legen und darum herum drei Kreise ziehen, immer einer grösser als der vorhergehende, keiner den andern berührend. Dort könne er wünschen, was er wolle.
Der Schneider tat, wie ihm geraten worden war. Er stellte sich in den innersten Kreis, legte das Papierblatt auf den Boden und hütete sich peinlich, den Kreisrand zu übertreten. Alsdann wünschte er sich 99 Millionen. Er bekam sie aber nicht. Jedoch vernahm er ein gewaltiges Rauschen wie von Wasserwellen. Unter grossem Getöse kamen goldene Strohwellen den Berg herunter. Vor Schreck trat der Schneider aus dem Ring. Da war sein Zettel verschwunden. Nun plagte den guten Schneider die Angst um sein Seelenheil. Er pochte an die Pforte eines Kapuzinerklosters, wurde aber zuerst abgewiesen. Erst als die Kapuziner von dem geängstigten Manne hörten, dass es ein Kapuziner gewesen war, der das Schneiderlein in diese Seelennot und Höllenqual gebracht hatte, nahmen sie sich seiner an. Sie führten ihn in die Klosterkirche und beteten inbrünstig. Endlich, nachdem sie lange um die Seele des Schneiders gerungen hatten, erschien unter dem Fenster ein Vogel, setzte sich auf den Fenstersims und liess den Zettel mit des Schneiders Unterschrift hineinfallen.
Quelle: G. Müller/P. Suter, Sagen aus Baselland, Liestal 1939.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch