J. Martin Usteri von Zürich erzählt in seinen Dichtungen (Ausgabe von D. Hess, 1831. 3 Thle.):
In Kriens lag eine Wittwe gichtkrank; ihr Töchterlein Magdalena entschloss sich daher zum reichen Vetter auf die Kastelenalp hinauf zu gehen und von diesem eine Unterstützung für die verdienstlose Frau zu erbitten. Er empfieng sie mit grobem Hohn und jagte sie, trotz des furchtbaren Gewitters, das gerade am Himmel stand, zur Thüre hinaus.
Im Unwetter erreichte sie weiter unten am Berge die Hütte des armen Aloys, den sie schon lange herzlich liebte. Er nahm sie auf, tröstete sie und liess sie, als der Regen vorüber war, nicht ohne das einzige Käslein fortgehen, das er noch besass. Auf dem nassen Alpengrase glitschte Magdalena aus, und das Käslein, das sie ihrer Mutter mitbringen wollte, fuhr in hohen Sprüngen von Wand zu Wand unaufhaltsam in die Tiefe. Während sie es wieder suchen will, wird es drüber Abend und Nacht. Da fühlt sie sich im Dunkel zu nicht geringem Schrecken an der Hand gefaßt, und wie sie umsieht, steht vor ihr ein Zwerglein, grau und winzig klein, das auf der Schulter ein Stück vom verlornen Käse und in der Hand Kräuter trägt.
Fürchte dich nicht, sprach es, ich habe wohl gesehen, wie du heute beim Aloys geweint hast. Diese Kräuter werden deine Mutter heilen, und hier ist ein Stück von deinem Käse wieder; geh achtsam heim und meide die Sprünge. Magdalena kam glücklich heim, die Mutter wurde gesund, das Stückchen Käse aber war zu Gold geworden. Jetzt kaufte sie ihrem Aloys die Bründleralp und wurde seine glückliche Frau. Die Kastelenalp aber war im Ungewitter jenes Tages von einem Felsenrutsch verschüttet worden, der reiche Vetter zog mit einem zerschlagenen Fusse bettelnd im Lande umher.
Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 327
Zwergensagen aus anderen Schweizerkantonen
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch