Es war einmal eine junge Frau, die war sehr schön und sehr stolz. Sie fürchtete, vom Kinderkriegen hässlich zu werden. Deshalb ging sie zu einer alten Frau, einer alten Hure, und sie bat die Alte, etwas zu tun, damit sie für immer schön bleibe. Die Alte sagte, wenn sie einverstanden sei, keine Kinder zu bekommen, so wolle sie schon dafür sorgen, dass sie für immer schön bleibe. Dann nahm die Alte drei Kaffeebohnen und mahlte sie mit einer altmodischen Mühle. Jedesmal wenn sie eine Bohne mahlte, gab es einen Schrei. Das Pulver schüttete die Alte unter eine Schindel im Misthaufen. Sie verbot der Frau, unter die Schindel zu schauen, bevor dreissig Jahre vorbei seien.
Die junge Frau blieb immer schön; sie war von einer Farbe wie Wein und Milch, nur nicht glücklich. Am Tag, als die dreissig Jahre um waren, ging sie in der Morgendämmerung hin und sah unter die Schindel. Sie entdeckte dort drei Kröten, eine mit Priesterhut, eine mit Nonnenhaube und eine mit Bischofsmütze. Jetzt wusste die Frau, dass aus den drei ungeborenen Kindern, welche diese Hexe von einer Frau getötet hatte, ein Priester, eine Nonne und ein Bischof geworden wäre. Und kurze Zeit darauf starb sie vor Kummer.
Thompson Motiv Q 251 (Strafe für die Weigerung, Kinder zu bekommen)
Thompson Motiv T 572.1 (magische Verhinderung der Geburt)
Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch