Es waren einmal zwei Brüder, der eine war gescheit, der andere dumm. Sie hatten nur ein paar Scherben zum Teilen, bevor sie sich trennten. Der Gescheite nahm seinen Teil und schmiss ihn weg; der Tölpel aber stopfte alles in seinen Geldgurt und zog in die Fremde.
Am Abend kam er in eine Wirtschaft und fragte, ob er übernachten könne, sie müssten ihm aber ein sicheres Zimmer geben, wo keine Diebe hereinkönnten, denn er trage zweitausend Gulden bei sich. Wenn er bestohlen würde, so müsse der Wirt dafür herhalten und bezahlen. Der Wirt sagte, er wolle ihm schon ein sicheres Zimmer geben, er solle nur keine Angst haben, und er führte ihn in ein Zimmer zuoberst im Haus. Der Tölpel schaute überall im Zimmer herum, ob niemand hereinkommen könne, verriegelte die Tür und ging ins Bett. Als der Wirt wieder unten war, stand der Tölpel auf und öffnete ein wenig die Tür, dann ging er ins Bett und schlief tief und fest. Am andern Morgen, als der Wirt hinaufging, um ihn zu wecken, sah er, dass die Zimmertür offen stand, da erschrak er furchtbar.
Als der Tölpel aufwachte, untersuchte er zuerst seinen Geldgurt. Der war leer, weil er die Scherben herausgenommen und versteckt hatte. Da begann er, heftig auf den Wirt zu schimpfen, weil er ihm kein sicheres Zimmer gegeben habe, er solle sofort mit den zweitausend Gulden herausrücken, sonst hole er die Polizei. Der Wirt musste die zweitausend Gulden hergeben, und der Tölpel ging weiter. Er hatte aber Angst, der Wirt könne ihm auf die Schliche kommen, und er überlegte sich, was er tun solle, wenn der Wirt auftauche.
Am Tag, wo er erfuhr, der Wirt sei an dem und dem Ort und suche nach ihm, kochte er einen Brei und liess eine Pfanne im Feuer glühend rot werden. Dann lehrte der Tölpel, als er den Wirt kommen sah, den Brei in die glühende Pfanne, so dass der ohne Feuer weiterkochte. Darauf setzte er sich mitten in die Stube, stellte die Pfanne auf den Boden und rührte den Brei.
Als der Wirt in die Stube trat, sagte er als erstes: «Du Lump, jetzt gleich gibst du mir mein Geld zurück, das du ergaunert hast, sonst geht’s dir schlecht!» Der Tölpel sagte, oh, er solle nur Platz nehmen und ihn den Brei fertig kochen lassen. Der Wirt schaute die Pfanne sehr lange an und fragte dann: «Oh, kannst du ohne Feuer kochen?» und der Tölpel antwortete: «Jawohl, in dieser Pfanne kann ich alles ohne Feuer und Holz kochen.» Der Wirt sagte: «Wenn du mir diese Pfanne gibst, so will ich dir die zweitausend Gulden schenken.» Der Tölpel sagte: «Aber nein, ich kann diese Pfanne nicht bloss für zweitausend Gulden hergeben, denn sie erspart mir mehr Holz, doch wenn Ihr mir nochmals zweitausend gebt, so könnt Ihr sie haben.» Der Wirt besann sich kurz und sagte: «Also dann, ich gebe das Geld; es zahlt sich mir schon aus, wenn ich nie mehr Holz brauche.» Er gab die zweitausend Gulden, nahm die Pfanne und ging nach Hause.
Am andern Tag hiess er seine Frau, in dieser Pfanne Fleisch aufzusetzen, doch sie solle kein Feuer machen, das Fleisch koche darin von selber. Sie tat, was der Mann ihr aufgetragen hatte, doch das Wasser wollte nicht sieden und blieb ganz kalt. Sie rief ihren Mann, sie setzten sich beide mitten in der Stube auf den Boden und fingen an, jeder mit einer Kelle in der Pfanne zu rühren. Doch es wollte und wollte nicht sieden, da begannen sie, mit den Kellen auf die Kanne einzuhauen, bis sie ganz kaputt war.
Der Tölpel dachte schon, der Wirt werde morgen wieder kommen: «Jetzt muss ich mir nochmals etwas ausdenken.» Da sah er in der Nähe ein Schwein, das den Arsch voller Läuse hatte, er zupfte ein paar ab, legte sie in eine Schachtel, zündete zwei Kerzen an und stellte die Schachtel auf den Tisch.
Am andern Morgen kam der Wirt wieder, und als er dies sah, war er ganz baff und fragte, was er hier mache. Der Tölpel sagte, er habe in dieser Schachtel hier Tiere, die würden Geld scheissen. Der Wirt besann sich kurz und sagte dann, wenn er ihm die gebe, so wolle er ihm alle Schulden erlassen. Der Tölpel sagte, wenn er ihm noch tausend Gulden zahle, so gebe er ihm die Geldscheisser. Der Wirt legte die tausend Gulden drauf, denn er glaubte, diese Tiere würden in einem Jahr mehr Geld scheissen, als was der Tölpel ihm abgeluchst habe. Er nahm die Schachtel und ging nach Hause. Er schaute täglich hinein, doch er fand nie Geld, bloss ein paar tote Läuse mehr.
Der Tölpel hatte wieder Angst, der Wirt werde kommen, und er dachte sich nochmals etwas aus. Er legte ein paar Wespen in eine Schachtel, schickte sie dem Wirt und liess ausrichten, dies seien Tiere der Liebe. Wenn er Streit mit der Frau habe, solle er am Abend, wenn sie schlafen gingen, diese Tiere unter den Bettüchern freilassen.
Eines Tages hatte der Wirt mit seiner Frau einen fürchterlichen Streit. Am Abend, als sie ins Bett gingen, öffnete der Wirt die Schachtel und liess die Wespen unter den Bettüchern heraus. Die stachen dann derart heftig, dass beide schrien. Am andern Tag ging der Wirt ganz früh fuchsteufelswild zum Tölpel und sagte: «Jetzt hast du genug ergaunert, jetzt zeig ich’s dir!» Er sperrte ihn in ein Fass, lud es auf einen Wagen und machte sich auf den Weg, um den Tölpel in den See zu werfen. Er kam an einer Kirche vorbei, wo die Leute gerade in der Messe waren. Da stellte er den Wagen mit dem Fass vor der Kirche ab und ging hinein, um die Messe zu hören.
Während der Wirt in der Kirche war, kam der Teufel mit einem Mastochsen vorbei. Der Teufel öffnete das Fass und sagte zum Tölpel, er solle herauskommen und ihn einsperren. Der machte dies sofort, verschloss das Fass wieder und zog mit dem Ochsen weiter.
Als der Wirt aus der Messe kam, nahm er seinen Wagen und ging weiter. Am See schmiss er das Fass hinein und sagte: «Da bleibst du, jetzt ist Schluss mit deinen Gaunereien!»
Auf dem Heimweg begegnete er dem Tölpel mit dem Mastochsen und sagte: «Bist du schon wieder da, du Taugenichts, woher hast du den Ochsen?» Der Tölpel antwortete: «Den habe ich aus dem See geholt, da hat’s noch viele und allerlei Vieh drin, doch ich benötige Fleisch und habe deshalb den Ochsen genommen.» Der Wirt liess das schnell die andern Männer wissen; die beschlossen auf der Gemeindeversammlung, alle in diesen See zu tauchen und das Vieh heraufzuholen. Sie zogen das Los, wer vorangehen müsse, und es fiel auf den Landammann, er solle aber sagen, wann er drin sei. Der Landammann sprang hinein, und das Wasser machte «plumm». Da meinten die andern, er habe «kumm» gesagt, und alle sprangen in den See. Jetzt blieb von den Männern dieser Gemeinde nur der Tölpel übrig, und der heiratete die Tochter des Landammanns.
Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch