Es war einmal ein armer Mann mit einer Schar von Kindern. Und der hatte nichts, um sie zu füttern, und er wusste nicht, was machen. Dort in der Nähe lebte ein Graf in einem Schloss, dieser hatte viel Korn zum Dreschen, und der arme Mann dachte, er könne zum Grafen gehen und fragen, ob er ihn sein Korn ausdreschen lasse.
Unterwegs begegnete er einem Herrn in grünem Frack, und der fragte den armen Mann, wohin er gehe.
Der arme Mann sagte, er gehe zum Grafen und frage, ob er ihn sein Korn ausdreschen lasse, um etwas zu verdienen. Der Herr sagte, er solle das tun; er selber wolle ihm dreschen helfen, und als Lohn müsse er vom Grafen so viel Korn verlangen, wie ein Mann tragen könne.
Der Mann ging zum Grafen, und dem war es recht, den armen Mann um eine Traglast Korn dreschen zu lassen. Ganz vergnügt ging der Mann nach Hause und erzählte seiner Frau, wie es ihm gegangen war. Am Abend darauf fing es in der Scheune des Grafen ganz von selbst an, das Korn zu dreschen und zu worfeln. Am andern Morgen war alles Korn ausgedroschen, geworfelt und in Säcke abgefüllt. Der Herr in Grün kam zum Bauern und sagte, er solle den Grafen fragen, wo er das Korn haben möchte. Sogleich ging der Mann zum Grafen und fragte, wohin man das Korn stellen solle. Der Graf befahl, es in den Speicher zu bringen, und der wurde voll.
Als die Arbeit fertig war, sagte der Graf dem armen Mann, er solle eine rechte Traglast, so viel er möge, als Lohn nehmen. Er habe einen Mann, der für ihn trage, erwiderte der Arme. In dem Augenblick kam der Herr im grünen Frack und verlangte vom Grafen ein Lederseil. Das spannte er um den Speicher, und weil das Seil zu kurz war, liess er sich noch eines geben, damit es rundherum reiche. Dann zog er die Seile an, lud den Speicher auf den Rücken und trug ihn vor das Haus des armen Mannes. Als der Graf dieses Spektakel sah, geriet er derart in Wut, dass er in den Estrich hinaufging und sich erhängte.
Der arme Mann, der noch nie einen Speicher voll Korn gesehen hatte, bedankte sich sehr beim Herrn in grünem Frack und fragte, was er als Lohn verlange. Der Herr - es war der Teufel - sagte, er habe schon seinen Lohn, nämlich den Grafen, der sich aufgehängt habe.
Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch