Ich wäre gerne Landammann geworden, doch ich konnte nicht bis auf fünf zählen, deshalb fiel ich durch. Dann machte ich mich auf, um ins Schlaraffenland zu ziehen. Ich ging und ging und kam zu einer riesig grossen Ebene, eine Elle lang und eine Elle breit. Hier war ein Mann, der mähte. Ich sagte zu ihm: «Du kannst nicht recht mähen. Gib mir die Sense!» Jetzt nahm ich die Sense und versetzte dem Mann einen Hieb in die Beine, so dass der Kopf herunterfiel. Ich nahm den Kopf und setzte ihn wieder auf den Arsch. Da sagte der Mann: «Hör auf, hör auf! Du hast den Kopf verkehrt aufgesetzt!» Da setzte er den Kopf auf den Hals. Dann ging ich weiter und kam zu einem schrecklich grossen Wald, lang und breit, da gab es zwei Bäume. Auf einem sah ich ein Vogelnest. Ich kletterte hinauf, aber ich konnte nicht mit der Hand hinein. Da ging ich mit dem Kopf hinein, aber ich kam nicht mehr hinaus.
Jetzt musste ich schnell hinunterspringen, um eine Axt zu holen und das Loch zu vergrössern, damit ich meinen Kopf befreien konnte.
In diesem Nest waren sieben ganz nackte Vögel. Ich fing einen, da hatte ich die Federn in der Hand. Dann liess ich die Axt fallen, dann ging ich hinunter und fand die Axt nicht. Ich zündete die Federn an, um die Axt zu finden. Da brannte die Axt, und ich fand nur den Griff. Darauf säte ich in die Asche der Axt Hirsebrei, damit ich zu essen hätte, wenn ich zurückkäme.
Dann ging ich weiter und kam in eine schrecklich grosse Stadt, wo es zwei Häuser hatte. Ich hatte grossen Hunger. Da ging ich in eines der Häuser und wollte mir zu essen geben lassen. Darin war eine Frau, die spann Milch vom Rocken herunter. Ich dachte: «Nein! In diesem Haus lasse ich mir nichts zu essen geben!» Jetzt ging ich ins andere Haus, und darin war eine Frau, die Rahm von der Garnspule abhaspelte. Ich dachte: «Du willst dir hier nichts zu essen geben lassen. Du willst zurückkehren und schauen, ob die Hirse gewachsen sei.» Ich ging also zurück und sah, dass sie gewachsen war. Ich ass die Hirse mit gutem Appetit, und wenn ich nicht aufgehört habe, so bin ich immer noch dort und esse davon.
Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch