Zur Zeit der fremden Dienste war in einem Schweizer Regiment ein Soldat, der sich immer schlecht mit seinem Hauptmann vertrug. Der böse Kommandant quälte und plagte ihn bis aufs Blut.
Eines Tages schob der Soldat ganz wütend vor dem Stadttor Wache. Im Auf- und Abgehen sagte er zu sich: «Lieber sieben Jahre lang dem Teufel dienen als eines hier!» Kaum hatte er das gesagt, sah er einen Herrn in Grün auf ihn zukommen. Der fragte den Soldaten, ob er sieben Jahre lang dem Teufel dienen wolle. «Für einen guten Lohn, warum nicht?», antwortete der Soldat. Darauf nahm der Herr in Grün den Soldaten mit, und in wenigen Minuten waren sie weit fort von der Stadt. Bei einem Wirtshaus machte der Böse Halt, und beide traten ein. Der Herr in Grün bezahlte dem Soldaten sehr gutes Essen und liess ihn Wein und Schnaps trinken, soviel er mochte.
Dann gingen sie weiter und kamen zur Hölle. Dort sah der Soldat nur reihenweise Kessel, mit Deckeln darauf und Feuer darunter. Neben jedem Kessel stand ein Mann, nur bei einem schaute keiner zum Feuer. Dorthin führte der Böse den Soldaten und sagte: «Darunter machst du jetzt Feuer, immer gleichmässig, aber so, dass es gut kocht. Den Deckel aber lass in Ruhe!» Der Soldat führte den Befehl des Bösen aus, und der kam jedes Jahr einmal, um zu sehen, wie es gehe.
Aber im siebten Jahr wurde der Soldat von einer schrecklichen Neugier geplagt, und er schaute nach, wie sein Fleisch kochte. Als er in den Kessel blickte, sah er seinen Hauptmann drin brodeln. Jetzt dachte er: «Feuer machen, damit der etwas davon hat!» und er legte Holz darunter, dass man es vor Hitze kaum aushielt. Da kam der Teufel hinzu und sagte: «Nicht wahr, du hast in den Kessel geschaut?» Der Soldat erzählte dann dem Teufel von der Neugierde, die ihn geplagt habe, und es habe ihm Spass gemacht, dem Hauptmann ein wenig einzuheizen. «Jetzt aber sind die sieben Jahre vorbei!» meinte der Böse und gab ihm eine schöne Tasche voll Geld als Lohn. «Einen Rat gebe ich dir noch auf den Weg», sagte der Böse, «geh nie in abgelegene Wirtshäuser, sondern übernachte immer in den Städten!» Der Soldat versprach es und ging heimwärts. Eines Abends spät konnte er das nächste Dorf nicht mehr erreichen, und er stieg entgegen dem Rat des Grünen in einem abgelegenen Wirtshaus ab.
Der Wirt und seine Frau tischten ihm ein prima Nachtessen auf, er stellte seine Tasche auf die Ofenbank und ging ins Bett. Der Wirt sagte zu seiner Frau: «Der scheint viel Geld zu haben, wir wollen ihn aus dem Weg räumen und die Tasche mit dem Geld behalten!» Aber die Frau riet ihm, das Geld, welches der Fremde in der Tasche habe, zu zählen und dann am Morgen, wenn der Fremde gegangen sei, ihn bei der Obrigkeit wegen Diebstahls anzuzeigen. Der Wirt befolgte diesen bösen Rat und zählte das Geld: zehntausend Goldtaler!
Am andern Morgen brachten sie dem Soldaten ein gutes Morgenessen, und er zog weiter. Aber kaum war er eine Stunde vom Wirtshaus weg, hörte er Polizisten hinter sich, und als er auf sie wartete, packten sie ihn, nahmen ihm die Tasche vom Rücken und schickten ihn in die nächste Stadt zurück. Dort brachte der Wirt es fertig, dass das Gericht den Soldaten zum Galgen verurteilte.
Am Abend bevor er gehängt werden sollte, weinte der Soldat im Gefängnis. Da kam der Grüne zu ihm und sagte: «Siehst du, wie es geht, wenn man nicht auf meinen Rat hört! Aber diesmal will ich dir noch helfen. Morgen komme ich auf einem weissen Pferd und ganz in Grau gekleidet zum Galgen. Dort siehst du mich, und als letzte Bitte bringe vor, dass ich dein Advokat sein darf!»
Am andern Tag, als der Soldat vom Henker zum Galgen geführt wurde, sah er einen Reiter ganz in Grau auf einem weissen Pferd. Er fragte die Richter, ob sie gestatten würden, dass der Reiter hier neben ihm als sein Advokat dem Wirt und seiner Frau ein paar Fragen stelle. Die Richter erlaubten dies, und der Reiter fragte den Wirt und seine Frau, ob sie schwören könnten, der Soldat habe das Geld gestohlen, sonst solle sie der Teufel holen. Die beiden Lumpen schworen es, und darauf sprang der Reiter vom Pferd und zog mit ihnen in Feuer und Flammen ab in die Hölle. Jetzt war alles klar. Der Soldat erhielt wieder seine Freiheit und sein Geld, und er ging glücklich nach Hause.
Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch