Der Bub mit dem goldenen Ring um den Hals

Land: Schweiz
Kategorie: Zaubermärchen

Einmal sagte eine Hebamme, die mehr wusste als andere zu einer Mutter, die eben einen kräftigen Buben bekommen hatte: «Diesem Kind da wird man später den Kopf abschneiden.» Die Mutter aber war nachher sehr traurig, und sie musste immer weinen, wenn sie das Kind anschaute.

Als der Bub ein wenig grösser war, fragte er seine Mutter immer wieder, warum sie weine, wenn sie ihn anschaue, aber sie wollte nie eine Antwort geben. Nach langem Drängen des Buben sagte die Mutter schliesslich: «Ich muss fest weinen, wenn ich dich anschaue, denn die Hebamme hat mir nach deiner Geburt gesagt, man werde dir früher oder später den Kopf abschneiden.» Da meinte der Bub, er wolle weggehen, damit sie nicht immer weinen müsse, wenn sie ihn sehe. Der Mutter war dies recht, aber sie ermahnte ihn, immer das zu machen, was sich gehöre, nämlich gut und fromm zu sein, damit er seinen Kopf nicht hergeben müsse.

Der Bub ging dann fort und verdingte sich bei einem Juden. Er verlangte aber keinen andern Lohn, als, täglich in die katholische Kirche gehen zu dürfen, und der Bub ging täglich einmal zur Kirche.

Eines Tages folgte der Meister ihm; er wollte wissen, er Bub in der Kirche treibe. Er versteckte sich draussen neben dem Tor und schaute ihm zu. Der Bub kniete nieder, betete lange und fromm, dann schlief er ein. Darauf kam ein Engel, schnitt dem Buben den Kopf ab, legte ihm einen goldenen Ring um den Hals und setzte den Kopf wieder auf. Nach einer Weile wachte der Bub auf und ging nach Hause. Auch der Jude machte sich danach auf den Heimweg. Zu Hause fragte er den Buben, was das für einer sei, der ihm den Kopf abgeschnitten habe. Der Bub antwortete, er habe nichts gesehen und nichts gespürt, es sei nichts gewesen. Aber der Jude sagte, er solle nur schauen, was er um den Hals habe. Dann sah der Bub im Spiegel den goldenen Ring um seinen Hals. Er freute sich sehr darüber und sagte zu seinem Meister: «Jetzt bleibe ich nicht mehr hier. Nun muss ich nach Hause zu meiner Mutter.»

Der Jude gab ihm als Lohn eine schöne Summe Geld, und der Bub ging nach Hause zu seiner Mutter. Die freute sich nicht wenig, und sie waren von nun an immer glücklich.

 

 

Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)