In Franislismoos, wo die Taverna ihre Quelle hat, stand früher ein Wohnhaus. In demselben rumorte seit Menschengedenken ein böser Hausgeist. Jede Nacht gegen zwölf Uhr ging der Spektakel los. Die Felläden vom Stall zum Tenn flogen auf. Das kleine Tenntor öffnete sich und der Geist flog hinaus, um durch die obere Stalltüre, die unsichtbarer Weise auch aufging, wieder in den Stall hineinzufahren. So kreiste der unheimliche Gast vom Stall ins Tenn, vom Tenn vor dasHaus und wieder in den Stall. Dann fuhr er in die Kammern der Schläfer, schwenkte ihre Betten hin und her wie Wiegen, um dann als Lichtlein das Haus zu verlassen und auf den umliegenden Hügeln herumzuspazieren. Dann kehrte der Geist wieder in sein Haus zurück, und es ward wieder stille bis zur kommenden Geisternacht.
Das wollten die beherzten Nachbarn nicht glauben. Und der Jägerroggo, ein alter Draufgänger, der das Fürchten nie gelernt hatte, wettete mit seinen Kameraden, dass er den bösen Geist von Franislismoos schon bändigen werde. Er trank sich eines Abends mit einem Schöppchen etwas Mut und begab sich um Mitternacht vor das Haus. Er stemmte sich gegen das Tenntor, um dem Geist den gewohnten Ausgang zu versperren. Allein, es ging nicht lange, flog das kleine Tenntor auf, und der Jägerroggo lag lang hingestreckt am Boden. Der Geist machte wieder seine Runden und fuhr durch die Kammern, um auf dem Hohezelghügel seinen nächtlichen Spaziergang als Lichtlein zu beendigen.
Der Besitzer brach nun sein Haus in Franislismoos, wo es immer so geisterte, ab und transportierte das Material nach Berg, um auf sicherem Grunde sich seine Heimstätte wieder aufzubauen. Aber er liess den Kochherd am alten Hausplatz stehen, damit der Hausgeist nicht fort könne. Ja, er baute diesem neben dem Herd noch eigens eine Bretterhütte und sagte zu ihm: „Dich will ich nicht mitnehmen. Bleibe du nun schön hier. Da hast du eine Hütte und den Herd.“
Und wirklich, der Geist konnte nicht mitgehen, musste aber zuletzt noch dem abziehenden Moosbauern einen Schabernack spielen. Als dieser nämlich das letzte Fuder geladen hatte (es war nur ein ganz kleines, nicht halb soviel, wie auf den andern Fudern gewesen war), so setzte sich der Hausgeist darauf. Die Pferde kamen fast nicht vom Platz mit dem kleinen Füderlein. Der Bauer aber wurde ganz verwirrt. Er wusste nicht mehr, wo ein und wo aus. Er musste den Nachbar herbeirufen. Dieser half dann die von Schweiss triefenden Pferde lenken, bis sie aus dem Machtbereich des Hausgeistes heraus waren und nun ihr Füderlein mit grösster Leichtigkeit fortzogen.
Der böse Hausgeist aber blieb in Franislismoos, bei der Hütte und dem Kochherd, und heute noch unternimmt er seine nächtlichen Spaziergänge auf die umliegenden Hügel, wie dies die Anwohner vom genannten Moos bestätigen können.
Leonhard Thürler
Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch