Das Wiesel oder Ärmli ist ein gern gesehenes Tierchen. Wo es hinkommt, da räumt es unter den Feldmäusen gründlich auf. - Alte Leute behaupten, wenn man ein Wiesel plage, dann stosse es einen Pfiff aus und augenblicklich eilen ihm alle Ärmli der ganzen Umgegend zu Hilfe.
Der Bauer Stöffel wollte das nicht glauben und beschloss gelegentlich einmal die Probe zu machen. Als er einst auf dem Felde den Mist spreitete, sah er in der Nähe ein Wiesel aus einem Mauseloch kriechen. Schnell ging er hin und drückte mit dem Schuhabsatz die Öffnung zu. Dann begann er das Tierlein zu jagen. Es rannte hin und her, bis es wieder zum verstopften Loche gelangte. Dort wollte es eilig die Erde wegscharren und verschwinden. In diesem Augenblicke stürzte sich Stöffel auf das Tier und packte es am Halse. Jetzt stiess es wirklich einen grellen Pfiff aus und von allen Himmelsrichtungen eilten alsbald zornige Wiesel zischend und fauchend herbei - Dutzende zuerst, dann Hunderte. Der Bauer gab das Gefangene frei und suchte sein Heil in der Flucht. Aber die Tiere rannten ihm nach und hefteten sich an seine Fersen. Er warf den Hut weg. Sie fielen über diesen her und zerrissen ihn. Dann ging die Verfolgung weiter. Jetzt liess er das Nastuch fallen. Im Nu war es in Fetzen zerbissen und die Ärmli jagten mit neuer Wut hinter ihrem Plager her. Einige sprangen ihm am Rücken empor und bissen ihn in Nacken und Arme. Nun streifte Stöffel seinen Tschopen ab und warf ihn hinter sich. Die wilde Meute stürzte sich darauf und in wenigen Äugenblicken war das Kleid z’fitzes und z’fätzes zerrissen. Aber diese hurze Zeit hatte dem Verfolgten einige Schritte Vorsprung eingebracht.
Er erreichte sein Haus, stürzte hinein und schlug die Türe zu. - Gerettet.
Die erbosten Wiesel rannten noch einigemale um das Haus herum und verstreuten sich dann nach allen Windrichtungen.
Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch