Schwarz und weiss

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

lm Jahre 1127 schenkte der deutsche Kaiser den Herzogen von Zähringen die Oberhoheit über unser Land. Berchtold IV. erbaute auf einem Felskopfe an der Saane eine feste, trotzige Burg. Die nannte er Fryburg. Die Stadt stand damals noch nicht. Nur drunten an der Saane gab es ein paar armselige Fischerhütten. Die ganze Umgegend war von dichten Wäldern bewachsen, in denen Bären, Wölfe, Hirsche und Wildschweine in Menge hausten.

Berchtold war ein leidenschaftlicher Jäger. Eines Tages veranstaltete er eine grosse Jagd in den Wäldern des obern Senselandes. Gegen Abend kehrte die fröhliche Gesellschaft mit reicher Beute nach der Fryburg zurück. Der Herzog trennte sich von seinen Leuten, um noch ein neues Jagdrevier auszukundschaften. Da verirrte er sich in einem grossen Walde. Er ritt hin und her, bald aufwärts, bald abwärts, und konnte keinen Weg und keinen Ausgang mehr finden. Die Nacht brach herein, und stockdunkel wurde es im Walde. Eulen schrien und Wölfe heulten. Berchtold musste absteigen und das Pferd am Zaume führen. Schritt um Schritt tastete er sich durch die undurchdringliche Finsternis. Plötzlich blitzte ein Lichtschein durch das Gewirr der Stämme. Vorsichtig arbeitete sich der Verirrte näher an diesen heran. Er kam auf eine Lichtung, wo inmitten rauchender Meiler eine Köhlerhütte stand. Der Herzog band sein Pferd an einen Baum, ging zum Häuschen und klopfte an. Der Köhler öffnete die Türe und geleitete den unbekannten, späten Gast in die Stube. Dort bewirtete er ihn und machte ihm in einer Ecke ein Nachtlager zurecht. Berchtold war müde. Er legte sich hin und fiel in einen tiefen Schlaf. Als er erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Er sprang auf, musterte sein Gewand und musste hell auflachen.

 

Sein Wams war am Rücken schwarz und auf der Brust weiss bestäubt. Wie kam das? Ganz einfach. Der Köhler hatte ihm das Lager aus Kohlensäcken bereitet und ihn mit einem Mehlsack zugedeckt.

Nachdem der Herzog sich mit Brot und Milch gestärkt, drückte er seinem freundlichen Wirte ein Goldstück in die Hand, schwang sich aufs Pferd und ritt in den Wald hinaus. Schon nach einer kurzen Weile erreichte er den Rand desselben. Vor ihm lag das tiefe Tal der Saane, und drüben leuchtete hoch auf dem Felsen seine Burg im Morgensonnenschein. Lange betrachtete er dieses reizende Bild. Doch urplötzlich ging ihm ein kühner Gedanke durch den Kopf. „Jawohl“, rief er laut, „das will ich tun. Auf jenen Felsen baue ich eine Stadt. Fryburg soll sie heissen. Schwarz und weiss wird ihr Wappen sein.“

 

Quelle: German Kolly, Sagen aus dem Senseland, Freiburg 1965. Mit freundlicher Genehmigung der Verlag Herder GmbH. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.Maerchen.ch

 

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