Es war einmal eine böse Mutter, die hatte zwei Kinder. Und sie war nur darauf aus, ihnen nichts zum Essen geben zu müssen.
Eines Tages befahl die Mutter den Kindern, Holz zu holen, und wer zuerst mit einem Bündel nach Hause komme, dürfe aus dem Trog in der Kammer oben den schönsten roten Apfel heraussuchen. Die beiden Kinder freuten sich wacker darüber und sputeten sich, das Holz zu holen. Zuerst kamen sie mit den Bündeln gleich weit voran, doch plötzlich riss der Strick des Mädchens, und so schaffte es der Bub zuerst, nach Hause zu kommen. Die Mutter liess ihn in der Kammer den Apfel holen, und als der Bub sich bückte, um den Apfel aus dem Trog zu nehmen, liess sie den Deckel fallen. Der Kopf des Buben fiel in den Trog und der Körper daneben. Die Mutter versteckte die Leiche und ging zum Mädchen hinunter, das gerade gekommen war. Es fragte auch nach dem Apfel und gab dem Strick die Schuld, dass es später gekommen war.
Die Mutter liess das Mädchen hinaufgehen, sie öffnete den Trog, und als das Mädchen nach dem Apfel griff, machte die Mutter mit ihm dasselbe wie mit dem Buben.
Dann wollte sie eine Grube ausheben, um die Leichen der Kleinen zu verstecken, damit niemand etwas merke oder finde.
Als sie am Schaufeln war, flogen ständig zwei Vögel um sie herum und pickten an den Händen der Mutter, so dass sie nichts machen konnte. Sie wurde wütend und wollte mit der Schaufel nach den Vögeln schlagen, doch die waren schneller als sie. Sie flogen der Mutter ins Gesicht und hackten ihr die Augen aus.
Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch