Die drei Soldaten

Land: Schweiz
Kategorie: Legende

Drei Soldaten hatten einem König viele Jahre lang gedient. Am Ende des Dienstes nahmen sie ihren Abschied und machten sich auf den Heimweg. Sie kamen in eine grosse Stadt und blieben einige Tage dort. Sie zogen von einem Wirtshaus zum andern und hatten es lustig. Eines Tages gingen sie ausserhalb der Stadt spazieren und besprachen miteinander, was sie anfangen sollten. «Geld, um die grossen Herren zu spielen, haben wir nicht, und als Bauern ins Dorf zurück wollen wir nicht.»

Da begegneten sie einem Herrn. Der fragte, was sie da miteinander zu verhandeln hätten. Einer der Soldaten erzählte sogleich, worüber sie gesprochen hatten.

Darauf sagte der Herr: «Gut, wenn ihr mit mir einen Vertrag abschliessen wollt, will ich euch einen vollen Geldbeutel geben. Ihr könnt darum nehmen sovieI ihr wollt; er wird nie leer. Aber dafür werde ich euch drei Rätsel aufgeben. Wenn ihr sie heute in einem Jahr nicht lösen könnt, dann gehört einer von euch mir!» Den Soldaten war dies recht. Der Herr setzte den Vertrag auf und liess die Soldaten unterschreiben. Dann übergab er ihnen den Geldbeutel.

Man kann sich denken, wie fidel die Soldaten in die Stadt zurückgingen und dass sie das Wirtshausleben in vollen Zügen genossen wie noch nie. Das Jahr war fast vorbei, da begann einer der Soldaten traurig zu werden. Oft fragte er sich: «Wer weiss, was dieser Herr uns wohl zum Raten aufgibt?» Die andern beiden dachten nicht mehr an die Rätsel. Eines Tages fragten sie ihren Kameraden, weshalb er nie mehr mit ihnen spazieren gehe. Er antwortete, es wäre besser, auch sie beide würden zu Hause bleiben und an die Rätsel denken. Aber sie achteten nicht gross auf seine Worte.

Eines Tages ging er dorthin, wo der Vertrag abgeschlossen wurde, und da begegnete er einer alten Frau. Die fragte ihn, weshalb er so traurig sei, so ein tapferer und schöner Soldat wie er solle doch nicht den Kopf hängen lassen. Der Soldat wurde darob wütend und sagte, es gehe sie nichts an, weshalb er traurig sei, sie könne ihm ja doch nicht helfen. Aber sie sagte, er solle ihr nur den Grund seiner Traurigkeit sagen, eine alte Frau wisse immer einen guten Rat. Da erzählte er ihr seine ganze Geschichte. Als er fertig war, sagte die Frau: «Wenn du tust, was ich dir sage, wird dir geholfen. Geh morgen um zehn Uhr abends zu dieser Eiche dort oben. Sie ist hohl, und du kannst bequem drin bleiben. Um elf oder zwölf werden sich da alle Hexenmeister und Teufel versammeln. Auch dieser Herr, mit dem ihr den Vertrag abgeschlossen habt, wird da sein. Pass gut auf und behalte, was sie sagen. Der Herr wird seinen Kumpanen erzählen, was er euch zum Raten aufgeben will.»

Der Soldat macht, was die alte Frau ihm gesagt hat und versteckt sich in der Eiche. Um elf Uhr versammelt sich eine grosse Menge Leute. Mittendrin steht der Herr, und nach einem Weilchen sagt er zu den andern: «Morgen Abend muss ich einen von diesen Soldatenkerlen holen; ich werde ihnen etwas aufgeben, was sie nie, aber auch gar nie raten können. Ich nehme ein Stück von einem wertlosen Pferdehuf und lass ihn wie eine schöne Sackuhr aussehen, diesen Dornbusch dort lasse ich als einen Spazierstock scheinen. Und dort oben in einem Stall liegt eine Kamelhaut, sie wird wie ein schöner Mantel aus blauem Tuch aussehen. Diese Dinge können sie bestimmt nicht herausfinden.»

Der Soldat hörte alles, und jetzt ging er mit neuem Mut nach Hause. Aber seine Kameraden waren umso trauriger. Sie fürchteten den Tag, an dem sich ihr Schicksal entscheiden sollte. Am andern Tag, gegen Abend, erschien der Herr, legte ihnen den Vertrag vor und sagte: Jetzt kommen die Rätsel, könnt ihr sie nicht lösen, so gehört einer von euch mir!» Dann holte er aus seinem Sack eine prächtige Golduhr hervor und sagte: «Woraus ist die gemacht?» Der Soldat, der alles wusste, antwortete schnell: «Du Trottel, du hast ein Stück von einem wertlosen Pferdehuf genommen und lässt es als schöne Sackuhr scheinen.» «Du hast richtig geraten!», sagte der Herr. Dieser Herr war nämlich der Teufel. «Aber jetzt muss einer von den anderen zwei da raten!» «Nein, nein!», sagte der Soldat, «Es steht nichts davon im Vertrag, wer raten soll, ich will alle Rätsel lösen!» Dann nahm der Teufel den Spazierstock und fragte, woraus der gemacht sei. «Das weiss ich ganz genau», antwortete der Soldat. «Du hast einen Dornbusch genommen und lässt ihn wie einen Spazierstock aussehen.» «Erraten», sagte der Teufel, «aber jetzt habe ich noch ein Rätsel. Sag, woraus ist dieser Mantel gemacht?» Der Soldat antwortete: «Du hast eine Kamelhaut genommen und willst uns damit einen schönen Mantel vortäuschen.»

Jetzt wurde der Herr wütend, und er wollte wissen, wer ihm die Lösung der Rätsel verraten hatte. Aber der Soldat antwortete, das gehe ihn nichts an. So wurde der Teufel angeschmiert. Die drei Soldaten aber waren frei und reich genug.

 

Aus: Die drei Winde, Rätoromanische Märchen aus der Surselva, Caspar Decurtins/Ursula Brunold-Bigler, Desertina Verlag, Chur 2002. © Ursula Brunold-Bigler.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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