Ein Guggisberger Bäuerlein kam einst spät im Herbst, als schon alles Vieh wieder im Thal war, mit einem im Simmenthal gekauften Rind den nächsten Weg über die Berge herüber. Auf der „Egg" ereilte ihn Nacht und Nebel und er sah sich gezwungen, im Wallhalb zu übernachten. Er stellte das Rind in den Stall, suchte sich im Feuerhause das verlassene Küherlager auf und schlief bald wie ein Prinz. In der Nacht kamen aber die Erdmännchen, nahmen das Rind aus dem Stalle, schlachteten es und kochten dann das Fleisch im Käskessi vor den Augen des erschrockenen Bäuerleins, das, ob dem Lärm erwacht, das alles mit ansehen musste. Sie richteten nun ein Mahl zu und lebten herrlich und in Freuden. Auch dem unfreiwilligen Zuschauer boten sie freundlich an; er nahm aber nur ein ganz kleines Stück Fleisch und hätte statt des Dankes den Geber lieber in 's Pfefferland gewünscht. Nachdem die Mahlzeit geendet war, entfernten sich die Zwerge, die Überbleibsel mit sich nehmend. Als der Bauer am Morgen aufstand und nun missmuthig und traurig den Heimweg ohne Rind antreten wollte, war er verwundert, vor der Hütte keine Blutspuren zu finden. Er trat in den Stall, um zu sehen, ob das Rind etwa dort geschlachtet worden sei. Wie erstaunte er aber, dasselbe unversehrt am Barren zu finden! Nur an einem Hinterbacken fehlte ein kleines Stücklein Fleisch, gerade so viel als er selbst in der Nacht verzehrt hatte.
Quelle: J. J. Jenzer, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch