Jedem Besucher der Grasburg muß beim Hinaufsteigen die kleine, waagrecht hineingehende Höhle in der Südseite der Mauer des ersten Gebäudes auffallen. Die Tradition erzählt von ihr, sie sei durch Schatzgräber entstanden, die in dem alten Bau, wahrscheinlich nicht nur hier, nach verborgenen Schätzen wühlten. Sie sollen der (übrigens sehr verschieden lautenden) Sage nach auch wirklich belohnt worden sein; denn silberne und goldene, theilweise geschmolzene Trink - und Tafelgeschirre habe man dort gefunden und am Ende habe sich bei fernerem Nachgraben noch eine grosse eiserne Kiste gezeigt, die sei aber von einem fürchterlich aussehenden Hunde bewacht gewesen. Und da man nicht gewusst, wie dieser Zauber zu lösen sei, habe man, wenn auch höchst ungerne, die Höhle verlassen müssen. Bei dem, schon in der folgenden Nacht darauf, wiederholten Besuche sei sowohl Hund als Kiste verschwunden gewesen. Ob der Zauber unterdessen von kundigerer Hand gehoben, oder die Kiste sammt Wächter wieder verschwunden und in die Tiefe versunken sei, das konnte nicht in Erfahrung gebracht werden. Nach einer andern Ueberlieferung entdeckte man einen großen Wagen voll Gold und Kostbarkeiten, den man durch Zauberformeln so weit hervorbrachte, dass man die Deichsel und etwas von den vordern Rädern sehen konnte. Da aber einer bei diesem Anblick das strenge Gebot des Stillschweigens durch einen lauten Freudenruf übertrat, so verschwand mit fürchterlichem Gekrach und Getöse wieder alles in den Schoss der Erde. Seither wird es wohl da geblieben sein und wird wohl noch lange oder immer so bleiben. Diese „fade Hund- und Wagengeschichte" kommt aber noch an vielen Orten vor. Letztere z.B. auch am Schwendelberg und an der Lenk im dortigen Burgbühl. Überall soll aber der schon halb gelungene Hebeversuch auf die gleiche Art missglückt sein. Diese Richtung des Aberglaubens hat in der Gegend, wie es scheint, früher viele Bekenner gehabt; sie scheint jedoch durch eine verdriessliche Schatzgräbergeschichte, die sich im Anfang dieses Jahrhunderts in der Nähe zugetragen und bei der sogar angesehene Männer sich betheiligten, ziemlich an Kredit verloren zu haben. Denn die Betheiligten geriethen am Ende, als die durch einen Emmenthaler „Schatzgräber" abgeschwindelten Gelder wieder erstattet werden sollten, einander selber in die Haare und ein langwieriger unerquicklicher Prozess war die bittere Folge. - Man schweigt die „unanmuthige" Geschichte lieber todt.
Quelle: J. J. Jenzer, Heimathkunde des Amtes Schwarzenburg, Bern, 1869.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www. maerchen.ch