Das Strohdach eines Tegerfelder-Bauernhauses reicht hart an die ihm gegenüber stehende Kirchenmauer und läuft mit dieser in gleicher Richtung. Strohdach und Kirchenmauer lassen so den Regen und das Abwasser nach gleicher Seite zusammenfliessen, ohne dass die Nässe im schmalen Raume zwischen beiden Mauern wieder auftrocknen kann. Zugleich darf der Nachbar diesen Streifen herrenlosen Landes, welcher die Usmenni (Triebweg) heisst und den Grenzsaum von zweierlei Gütern ausmacht, nicht nach eignem Gutdünken behandeln und trocken legen. Also ist hier an der Rückseite des Strohhauses der Länge nach eine tiefe Kothrinne entstanden und hat sich endlich in eine bleibende Sumpfstelle verwandelt.
Hier fährt von Zeit zu Zeit der Kopf eines Güggels in die Höhe, schiesst raketenartig in die Luft empor und stürzt dann aus Haushöhe wieder in seine feuchte Wohnstätte zurück. Es ist dies der Geist des alten Hausbesitzers. Die Kapuziner von Baden hatten ihn gegen Stiftung eines bestimmten Quantums Korn, das alljährlich an ihr Kloster abgeliefert werden sollte, in ein Schoppengütterli gebannt und dasselbe in ein Loch irgendwo im Hause vergraben. Damit war der Geist zur Ruhe gebracht. Als aber seine Nachkommen jene Kornlieferung ans Kloster verabsäumten und nicht mehr entrichteten, liessen auch die Kapuziner den Gebannten wieder aus seiner Flasche los; aus einer halben Barmherzigkeit jedoch gegen die künftigen Hausbewohner haben sie ihn aus Stuben und Keller verwiesen und in jene Sumpfstelle unter der Dachtraufe verwünscht. Dies ist jenen Leuten jedoch völlig gleichgiltig, denn der Geist ist ihnen nicht nur ganz unschädlich, er soll ihnen sogar manchen heimlichen Vortheil verschaffen.
Band 1, Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856, Seite 303
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch