Ein Oberländer kehrte einst nach langem Kriegsdienst in der Fremde in seine Heimat in den Bergen zurück. Den Vater fand er begraben, die Mutter alt und krank, aber glücklich, den Einzigen an ihrem Lebensabend um sich zu haben.
Einst sprach sie zu ihm: "Meine Tage sind gezählt. Jeder nächste kann mich von deiner Seite rufen. Es ist Zeit, dass du dir eine Stütze ins Haus nimmst. Auf heute Abend habe ich drei Mädchen zum Imbiss ins Haus geladen, die du alle wohl leiden magst. Wenn sie gegessen und getrunken haben, dann setze ihnen diesen Teller voll Äpfel vor, achte dann genau auf ihr Beginnen und sage mir alles was du siehst. Es handelt sich um deine Braut!"
Der Sohn tat wie er geheissen war. Als aber die drei Mädchen mit einem lachenden schönen guten Abend von ihm gegangen waren, trat er zur Mutter in die Kammer und fragte, wo nun seine Braut sei. "Sage mir erst," versetzte die Gute hinwiederum, "wie die drei sich gehalten haben, als du ihnen die Äpfel botest." Da begann der Sohn: "Trudchen, voll Schmuck und Flitter, schälte so hastig, dass die Hälfte des Fleisches an der Schale blieb. Margret dagegen, die im Kleide der Urahne wenig geputzt war, schlang alles in Hast hinab, ohne zu schälen und zu wählen. Else, im bescheidenen Kleid, griff züchtig zu, schälte artig, was man in Ehren abschneiden mag, weder zu viel noch zu wenig. Mich dünkte, sie hielt in allem trefflich die Mitte."
"Wohl", sprach da die Mutter, es ist gegangen, gerade wie ich mir`s dachte. Geh’ und frage den Vater Elsens und wenn es kein Nein ist, dann biete dem Kinde die Hand an. Mit ihr wirst du glücklich sein. Gott sei mit dir, mein Bub."
Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.