Das heilige Osterfest war gekommen. Zur Nachmittagspredigt fuhr auch Beatus auf seinem Mantel über den Wendelsee hinüber nach Einigen. Schon war das Kirchlein dicht gefüllt, als er ankam, und St. Justus hatte bereits den Gottesdienst begonnen. Bescheiden setzt sich Beat hinten auf die letzte Bank, um nicht zu stören. "Doch, dieweil des Volkes viel, ward’s im Kirchlein gar zu schwül, und so hob denn Mann um Mann allgemach zu schlafen an". Mit Betrübnis wurde unser Heiliger solches gewahr. Vollends mit Entsetzen erfüllt es ihn, als er den leidigen Satan selber in der Kirche anwesend sieht. Vorn unter der Kanzel sitzt er, "schielt im Volke rings herum, hält ein Bocksfell ausgespannt, eine Feder in der Hand, und verzeichnet all zu Häuf in ein lang Register auf, was da schlummert, was da träumt und der Seele Heil versäumt; denkt, dass er am jüngsten Tag sammethaft sie fischen mag, wenn er schwarz auf weiss es hätt, wer zur Predigt schlafen tät". Beatus ist in verzweifelter Lage. Wie gern hätte er die Schläfer geweckt, damit sie nicht in des Teufels Gewalt verfallen, wenn sie auch das Amen überhören. Aber er durfte ja den Gottesdienst nicht stören. Weil aber der Schläfer so viele sind, dass ihre Namen nicht alle Raum finden auf der Bockshaut, so versucht Satan, dieselbe auszudehnen. Er fasst sie mit den Zähnen auf der einen Seite und den Klauen auf der andern und zerrt. Plötzlich zerreisst die Haut, "dass des Teufels Kopf im Flug polternd an die Kanzel schlug". Laut dröhnt es durch die Kirche und Beatus muss über das Missgeschick des dummen Teufels hell auflachen. Darob erwachen alle Schläfer bevor der predigende Justus das Amen spricht. Sie sind also dem Strick des Bösewichts glücklich entronnen.
Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.