In der uralten Bergfeste Mitternholz, die sich unweit des wunderbaren Blausees auf unzugänglich scheinendem Fels erhebt und darum auch Felsenburg genannt wird, hauste vor Hunderten von Jahren Ritter Anton Imturn. Derselbige bedrückte das Land Frutigen mit unerhörten Steuern. Da riefen die Landleute Bern um Hülfe an. Als nun der Ritter die grosse Zahl der Feinde anrücken sah verzweifelte er am glücklichen Ausgang seiner Sache. In seiner Not beschliesst er zu fliehen. Um aber von den feindlichen Spähern nicht verraten zu werden, lässt er im Hofe einen Rosskarrren vorfahren und denselben mit zerworfenem Heu und Stroh beladen. Nun legt er sich selbst auf die Fuhr indem er sich mit dem gleichen Unrat bedecken lässt. So fährt der Karren mit dem versteckten Ritter das Tal hinaus und der Bedrücker entrinnt der Nachstellung. Die Bedrückten aber nehmen die Felsenburg ohne Schwertstreich ein und zerstören sie. Im Wallis drüben bedrückte Imturn später das Volk gleicherweise wie ehedem dasjenige jenseits der Berge. Da entbrannte unter den Walliser Bauern die Rache. Sie erhoben sich gegen ihn und da er diesmal seine Flucht nicht bewerkstelligen konnte, ergriffen sie ihn, schlossen ihn in ein Fass, das inwendig rings von Nägeln starrte, und rollten den Verhassten darinnen den Berg hinab. So jämmerlich gestaltete sich das Ende des verhassten Tyrannen von Felsenburg.
Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.