Die Schadenburg

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Wolf von Ringgenberg, welcher von seinen Untertanen der Wehrwolf genannt wurde, war ein grausamer, unbarmherziger Landesherr. Seine riesenhafte Gestalt und sein roter langer Bart gaben ihm ein fürchterliches Aussehen. Selten kam er aus dem Harnisch, vertrieb seine Zeit viel auf der Jagd und plagte seine Untertanen aufs Blut. Einst, als er am linken Ufer des Brienzersees nach seinem Schlosse Iseltwald ritt, stiess er auf das kaum vor drei Monden erbaute Hüttlein eines Fischers. Da tritt aus der Türe des Fischers Töchterlein, schmuck und hold mit zierlich gewundenem Haar. Brennend vor Verlangen, die Schöne zu besitzen bestellt Wolf Vater und Maid auf sein Schloss Ringgenberg. Schweren Herzens stieg der alte Mann am bestimmten Tage mit seinem Kinde in das Schifflein und ruderte sie hinüber zum Fusse der Herrenburg. Als nun der Wehrwolf sein Liebstes auf dem Schlosse behalten will, weigert sich der Vater mit aller Macht und da der Ritter droht, entfliehen die beiden, um im Kahne das heimische Ufer zu gewinnen. Noch sind sie aber vom Ufer nicht abgestossen, zischt blitzschnell ein Pfeil durch die Luft und durchbohrt, den Fischer verfehlend, das Herz seines geliebten Kindes. Der unglückliche Vater kehrt heim. Er legt den Leichnam des Mädchens in ein Grab und verlässt, ohne ein Wort der Klage zu äussern, Hütte, Netz und Schiff.

In seinem Alter beschloss Wolf, zu seiner Sicherheit auf dem Berg eine noch viel festere Burg zu bauen und sandte ringsum nach Werkleuten. Lange schon arbeitete man an dem Bau. Da erschien eines Tages ein Mann mit wallend grossem Barte auf dem Bauplatze. Er bot dem Zwingherrn seine Dienste an, indem er angab, von Rom zu kommen und ein erfahrener Werkmann zu sein. Der Wehrwolf liess ihn, damit er seine Kunst weise, den Hammer führen. Den schlug er auf das Gemäuer, dass es weithin erklang. Dann fragte der Alte wie die Burg heissen solle. "Schadenburg, wer es merken will!" rief der Zwingherr in wildem Gelächter. Jetzt richtet sich der Alte hoch auf. Ein schrecklich Feuer glüht aus seinen Augen. Mit beiden Händen erhebt er den schweren Hammer und mit furchtbarer Stimme, mit der Stimme eines Vaters, der sein ermordetes Kind rächen will, ruft er: "Freiburg soll sie heissen, wer es merken will!" Zerschmetternd fällt der Hammer nieder auf den Bezwinger des Landes, der tot dahinstürzt, mitten unter seine Arbeiter. Nie ward die Feste vollendet und noch heute kann man über dem Brienzersee ihre Trümmer im Walde finden. Der Fischer aber ging unbehelligt von dannen und niemand weiss, wo er hingekommen ist.

Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

 

Diese Website nutzt Cookies und andere Technologien, um unser Angebot für Sie laufend zu verbessern und unsere Inhalte auf Ihre Bedürfnisse abzustimmen. Sie können jederzeit einstellen, welche Cookies Sie zulassen wollen. Durch das Schliessen dieser Anzeige werden Cookies aktiviert. Details finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Cookie Einstellungen

Diese Cookies benötigen wir zwingend, damit die Seite korrekt funktioniert.

Diese Cookies  erhöhen das Nutzererlebnis. Beispielsweise indem getätige Spracheinstellungen gespeichert werden. Wenn Sie diese Cookies nicht zulassen, funktionieren einige dieser Dienste möglicherweise nicht einwandfrei.

Diese Webseite bietet möglicherweise Inhalte oder Funktionalitäten an, die von Drittanbietern eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt werden. Diese Drittanbieter können eigene Cookies setzen, z.B. um die Nutzeraktivität zu verfolgen oder ihre Angebote zu personalisieren und zu optimieren.
Das können unter Anderem folgende Cookies sein:
_ga (Google Analytics)
_ga_JW67SKFLRG (Google Analytics)
NID (Google Maps)