Als Beatus im Oberlande das Evangelium verkündigte, gab es noch Zwerglein, kleine "gesegnete Leutlein" oder Bergmännchen, die in verborgenen Felsklüften wohnten. Sie zogen sich zurück vom Weltverkehr und galten allgemein als menschenscheu. Den stillen, braven Menschen waren sie gern behülflich in Haus und Feld. Gar manche Arbeit nahmen sie denselben ab. Mit dem heiligen Beatus nun knüpften sie alsbald freundschaftliche Beziehungen an. Sie waren ihm höchst dankbar, dass er den Drachen aus der Höhle vertrieben hatte; denn derselbe war auch ihnen zum Schrecken gewesen. Jetzt durften sie doch wieder ungehindert aus dem Innern des zerklüfteten Berges, wo sie ihre Wohnung hatten, dem Felsenspalt des Beatenbaches folgend, ans Tageslicht treten. Sie sorgten dem Apostel für seinen leiblichen Unterhalt, brachten ihm dürres Holz zur Feuerung, damit er in seiner Höhle vom Rauch nicht allzu übel geplagt werde. Das Wasser holten sie ihm aus dem murmelnden Bach nebenan; wenn das Wetter gar zu unlustig war, so schlüpften sie zu diesem Zweck durch das enge Felsloch im nordwestlichen Winkel seiner Höhle, um tief im Berginnern aus dem felsgebornen Quell zu schöpfen. Von den Flühen herab brachten sie ihm Gemsmilch und feine Käslein. Ja, sie führten ihm selbst Gemsen zu, dass er sie wie zahme Ziegen behandeln konnte. Östlich beim Eingang seiner Klause richtete er in den kleinen Grotten Ziegen- oder Gemsställe ein. Mit aller Sorgfalt hüteten und molken ihm die Zwerglein seine Haustiere. Sie halfen ihm auch unterhalb seiner Höhle allerlei Fruchtbäume pflanzen und pflegen. Die reifen Früchte lasen sie behutsam ab und brachten sie in seine Höhle. Beatus aber brauchte das wenigste für sich selber. Er trug die saftigen Früchte als Labsal hin zu den Kranken. Auch die heilsamen Kräuter aus seinem Gärtlein dienten zur Arznei für allerlei Leidende der Gegend. Die Zwerglein brachten ihm von den hohen Berggipfeln herab gar manches seltene Pflänzchen mit heilwirkender Eigenschaft. Biberklee und Lilien waren in St. Beats Garten besonders reichlich vertreten.
Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.