Vor vielen Jahren stand eine Frau zu Lauterbrunnen im Geruche der Hexerei. Der Schuhmacher unternahm es, sie darüber auszukundschaften. Es wunderte die Leute vor allem, wie die Frau, die nur eine Kuh besass, immer so viel Butter machen könne. Eines Tages liess sich nun der Schuhmacher, als sie eben wieder am Butterfass stand, mit ihr ins Gespräch ein. Nach Verabredung kam gerade jetzt eine Nachbarin, um die Hexe auf einige Augenblicke vor das Haus zu rufen. Schnell öffnete der Schuhmacher das Butterfass und als er darin einen zusammengerollten Zettel bemerkte, zog er denselben hinaus und steckte ihn in die Rocktasche. Als die Hexe nun wieder hereintrat und fortfuhr, den Rahm in ihrem Kübel zu stossen, mehrte sich auch die an dem Zettel hängengebliebene Niedel in des Schuhmachers Tasche so sehr, dass sie daraus hervorquoll und auf den Boden troff. Ergrimmt über diese List des Nachbarn, verwünschte ihn die Hexe, und es ging nicht lange, erkrankte der Neugierige so sehr, dass er nicht mehr auf seinem Einbein zu sitzen vermochte.
Der Mann der Hexe war über der üblen Nachrede seiner Frau ihrer überdrüssig geworden. "Wenn mir jemand die schwarze Kunst lehren wollte", sagte er einmal zu ihr, "wollt ich`s gerne erlernen." "Ich will dir`s schon beibringen", sagte sie darauf schnell, nahm ihn in der folgenden Nacht um zwölf Uhr auf den Hof, stellte ihn hinter sich auf den Dunghaufen und befahl ihm, ihr alles genau nachzusprechen, was sie ihm vorsagen werde. Dann begann sie: "Hier stehen wir auf unserm Mist." Der Mann sagte das laut und vernehmlich nach und die Frau fuhr fort: "Und verleugnen unsern Herrn Jesum Christ!" Da aber rief der Mann: "Ich schlage nieder, was hinter und vor mir ist." Bei diesen Worten traf er die Hexe so heftig auf den Kopf dass sie sogleich tot zu seinen Füssen fiel.
Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.