Vor alten Zeiten lebten die Umwohner am Wendelsee weltabgeschieden im Heidentum. Da kamen über den schwarzen Berg (Brünig) zwei Fremdlinge gewandert im härenem Mantel, mit langem Pilgerstab: Beatus und Justus. Sie zogen dem Ufer des Brienzersees entlang ins Bödeli, das damals noch unwirtlich aussah. Am Fuss der sonnigen Berge pilgerten sie weiter, überschritten den Lombach und kamen ins uralte Dörfchen Sundlaue- nen. Hier wohnten freundliche Hirten in rauchgeschwärzten Hütten. Die fremden Männer wurden gastlich aufgenommen. Sie erzählten den Leuten, dass sie gekommen seien, um den Bewohnern der dortigen Gegend eine gute Botschaft zu bringen. Der allein wahre Gott habe Jesum Christum in die Welt gesandt, um die sündigen Menschen selig zu machen. Die Sundlauener baten Beatum, dass er bei ihnen bliebe und sie in seiner neuen Lehre unterrichte. Gerne versprach dies der würdige Fremdling. Da erzählten sie ihm, es hause in einer benachbarten Höhle ein grimmer Lindwurm, zu Schaden für Mensch und Vieh. "Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist!" sprach Beatus. "Im Namen des allmächtigen Gottes will ich den Drachen vertreiben." Früh in der Morgendämmerung machte sich der Fromme mit seinem Begleiter auf den Weg. Bei Sonnenaufgang langten sie bei der Höhle an. Grausig zischte der Drache den Ankömmlingen entgegen. Beatus aber erhob seinen Pilgerstab und beschwor das Ungetüm im Namen des Allmächtigen. Da fuhr der Drache aus mit ohnmächtigem Wutgeheul. Er fuhr über die senkrechte Felswand empor und schlug in gräulichem Zorn mit seinem ungeheuren Schwanz dermassen an die Fluh, dass zu ewigem Zeichen das Drachenbild daran zurückgeblieben ist. Beatus aber richtete die Höhle des vertriebenen Untiers sich zur Wohnstätte ein, um von hier aus den Leuten die frohe Botschaft zu verkünden.
Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.