Vor mehr als fünfzig Jahren gieng ein Mann von Böbikon, im Bezirke Zurzach, zur Zeit des Heuet in den Wald, Holz zu holen. Als er an dem Mühlenbach in die Gegend kam, die man den Kessel heisst, sah er am Felsen grosse Eiszapfen in der Sonne schimmern, so klar, wie sie nur mitten im Winter von seinem Strohdache herabhiengen. Das grosse kristallhelle Eis wunderte ihn nicht wenig, er brach ein Stück ab, und da es ihm in der Hand nicht schmolz, steckte er's zu sich und nahm's der Seltenheit wegen mit heim. Als er's seinen Leuten, die eben vom Felde nach Hause kamen, zeigen wollte, erstaunten sie alle nicht wenig, da er statt des Eisstückes nun einen eben so grossen lauteren Silberzapfen auf den Esstisch legte. Sie fassten erst wirkliches Zutrauen, als er ihnen den einfachen Hergang erzählte.
Ein Gleiches hat sich am Homberge, zwischen Reinach und dem Hallwiler-See zugetragen. Da fand droben im Hochwalde ein armer Weber eine tiefe Erdgrube, von der man vorher noch nie etwas gehört hatte. Er stieg hinab und gerieth in einen so rein gegrabenen unterirdischen Gang, dass man glauben konnte, hier müsse einst ein Bergwerk gewesen sein. Zuletzt waren hinten lange Stäbe gegen beide Wände wie ein Gitter gespreizt und sperrten den Durchweg. Als aber der Mann an sie schlug, klang es glockenhell und allerlei Stücklein sprangen davon ab, die am Boden wie Gold glänzten. Er las diese Abfälle sorgfältig auf und machte sich dann schnell davon; denn alles, was er je über die Erdmännchen gehört, kam ihm plötzlich in den Sinn und eine grosse Angst befiel ihn. Gleichwohl gieng er später wieder hieher und wollte sich mehr von dem Golde holen. Allein schon musste die Obrigkeit Wind davon bekommen haben, denn jetzt fand er den Eingang zur Höhle vermauert.
Quelle: Ernst L. Rochholz, Schweizer Sagen aus dem Aargau, Band 1 Aarau, 1856
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch