In der Gemeinde Oberwil im Simmental stand einst am Alchbachgraben eine Mühle. Da kam aus dem Land herauf ein hübscher Müllerbursch, verdingte sich in der Alchbachgrabenmühle, und da hier eine bildhübsche Tochter war, freiete er um sie. Sie ward ihm gegeben und die beiden wurden ein glückliches Paar, das die Mühle zu eigen erhielt. Als sie einmal am Bache stunden und miteinander dem Wasserrad zuschauten, flogen drei Raben über das Haus. Da erschrak die junge Müllerin und weinte, denn sie sagte: "Jetzt droht uns ein Unglück." Kurz darauf fiel der Müller vom Dache und brach das Genick. Als aber die beiden Töchter der Witwe erwachsen waren, kam einst ein Mahlknecht ins Haus, der Anstellung fand. Sein Gesicht war fein, aber sein Herz voller Tücke. Da flogen die Raben abermals über das Haus. Der Knecht brachte bald das eine der Mädchen ins Unglück, worüber der Mutter Herz brach. Da zog die andere Tochter mit ihrem Manne auf die Mühle. Ihr Mann war ein roher und gottloser Mensch, der weder Gott noch Teufel fürchtete, er tat, was seinem bösen Sinne anstand und bedrückte die
Talleute mit Ungerechtigkeit so lange, bis sie die Mühle verfluchten. Da flogen die Raben zum dritten Mal über das Haus. In einer fürchterlichen Sturmnacht brachen jetzt aus den Schlünden des Gebirgs die Schlammlawinen los, rissen die Mühle samt allem was darinnen war fort und bedeckten die Stätte mit klafterhohem Schutte. Erst nach Jahrhunderten kam beim Graben der Mühlstein wieder zum Vorschein.
Quelle: Hermann Hartmann, Sagen aus dem Berner Oberland. Nach schriftlichen und mündlichen Quellen, Interlaken 1910.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.