In der Lenk lebte einst ein Goldmacher. Er führte einen seltsamen, geheimnisvollen Lebenswandel, suchte stets die Einsamkeit auf, und in der Nacht sah man ihn oft über die Berge nach den benachbarten Tälern ziehen. Er war klein, aber lebhaft, und niemand konnte seinem Auge trauen.
Einmal arbeitete er als Dingbauer im Tiefenboden. Beim Hacken sah er plötzlich in der Tiefe des Ackers etwas schimmern. Er verscharrte das Loch gleichgültig, merkte sich aber den Ort genau, und in der folgenden Nacht ging er mit Pickel und Schaufel hin.
Nachdem er sich flink aber vorsichtig nach allen Seiten umgesehen hatte, fing er an zu graben. Bald stiess er auf ein Kübelchen, das er behutsam emporhob. Hinter dem schlummernden Wildstrubel streute der Mond seine Lichtstreifen ins Tal. - Das Männlein hob gespannt den Deckel ab und sah, dass im Kübelchen pures Gold funkelte! Doch plötzlich wurde er blind und rollte in den Graben hinunter, gegen den Iffigenbach.
Er rieb sich die Augen und beschwor den Teufel, doch nichts wollte helfen. Da tastete er sich auf allen Vieren mühsam hinauf, fand endlich den Kübel und stiess ihn in die Grube.
Da wurde er wieder sehend.
Doch bald darauf starb er. In seiner Hütte fand man neben viel Gerümpel, Knochen und alten Schuhen eine Menge sonderbarer Gerätschaften, unter denen sich auch ein Goldstempel befand.
Der Geist des Goldgräbers ging noch lange umher. In stürmischen Nächten sah man ihn unruhig von einem Berg zum andern ziehen. Wenn aber der Mond schien, kauerte er trübsinnig im Tiefenboden auf einem Acker.
Quelle: Georg Küffer, Lenker Sagen. Frauenfeld 1916. Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung, www.maerchenstiftung.ch