In den Felsen des Stollengrinds beim Planalpstafel Gummi sollen die Stollengrindmanndleni gehaust haben, und in einem Loch bei der nahen Koppisegg wohnten Zwerge. Diese kleinen Weslein waren den Älplern gar gute Helfer beim Heuen, schafften Brennholz in die Hütten und werkten manches zum Guten für Mensch und Vieh. Als Entgelt stellten ihnen die wohlgesinnten Älpler ein wenig Milch oder Nidle bereit, und damit gaben sich die Leutlein zufrieden.
Eines Tages, gegen den Herbst, kam ein solcher Knirps zu den armseligen Hütten im Gummi und fragte einen Älpler für eine Winterkuh. Der Älpler schlug das Begehren nicht ab, die Leutlein verstanden es ja, mit dem Unvernünftigen umzugehen. Und so stieg das Männlein mit der Kuh, der man von weitem die Rippen zählen konnte, bald hinter den Hütten die steile Halde gratwärts und war, man weiss nicht wie, verschwunden.
Im Sommer darauf brachte das Männlein die Kuh wieder ins Gummi zurück, rund und glatt und mit einem Euter wie ein Bienenkorb. Der Älpler gab seiner Freude darüber unverhohlen Ausdruck, so feiss und glatt sei sie geworden, dass Besseres nichts fürtrage. Worauf der Zwerg sagte:
„Muttnere und Adelgras,
’s Beste, was das Kuhli frass!“
und dem Älpler gleich den Winterlohn, ein kleines, sauberes Käsmutschli überreichte.
Mit dem Mutschli aber war der Älpler nun weniger zufrieden als mit der Kuh. „Was“, schalt er schier, „ein so geringes Mutschli als Winterlohn?“ Aber böser tun durfte er doch nicht.
Belehrte ihn das Männlein eines Besseren: „Es ist mehr als du meinst. Wenn du das Mutschli nie weiter anschneidest als bis zum Kreuz, das darauf steht, wird es nicht schwiinnen!“ sagte es und ging seiner Wege. Wie der Zwerg gesagt hatte, so war es auch. Wenn der Älpler von dem kleinen Mutschli brauchte und nicht weiter als bis zu dem angegebenen Zeichen schnitt, war es bis zur nächsten Mahlzeit wieder ganz geworden. Einmal im Heuet musste er Leute anstellen. Denen gab er zum „Zniini“ das Mutschli zu Milch und Brot, vergass aber zu sagen, was es damit für eine Bewandtnis habe; die Leute schnitten ungeachtet in das Zeichen, und das Mutschli verlor seine gute Eigenschaft
Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch