Des alten Majellis Mattysel, ein vierschrötiger, vollblütiger Mann, verhirtete im Winter weit draussen am Talend das Schneitweidheu. An die abgelegene Scheune auf dem Fluhrand war ein Hirterstübli angebaut. Wenn die matten Lichter drüben in Isenfluh eines nach dem andern ihr Zwinkern einstellten, dann suchte auch der Majeller sein Gelieger auf. Aber dann kam es so häufig vor, dass ihn hier oben in der wilden Einsamkeit das Toggelli plagte. Kaum war er auf das Lager gesunken, hörte er es durch den ersten Schlummer an der Fensterwand heraufkratzen und krabbeln. Jetzt kam es zum Flügelli herein, über den Bettladen herauf, hockte ihm mitten auf die Brust, drückte und würgte ihn, dass er schier erstickte.
Das Toggelli plagt ja viele schlafende Menschen. Der Mattysel wollte es einmal mit den Händen fassen; da war es grad, als ob er eine Handvoll Schmer erwischt hätte. Es trug ihm aber nichts ab, es zerlief ihm auf der Stell in den Fingern. Nun riegelte der Hirter das Fensterflügelli fest zu. Aber auch das nützte nichts, denn dieser Plagegeist kann sich dünn machen, rinnt wie Flüssiges zum Schlüsselloch und jeder feinsten Ritze herein und macht sich drinnen wieder breit.
Eines Winters quälte das Toggelli des Majellis Mattysel so schlimm, dass es nicht mehr zum Aushalten war. Nach des Tages hartem Werk am Holz streckte er nur mit Bangen seine müden Glieder auf dem Laubsack. Wenn es ihm nächtlicherweile auf der Brust sass, und er schreien oder fluchen wollte, konnte er wohl den Mund aufreissen, aber es kam nicht der leiseste Ton heraus. Da zog er seinen alten Nachbarn zu Rat, und der stieg mit ihm unter der Hunnenfluh durch den Buchwald hinaus nach der Schneitweid. Drinnen im Hirterstübli lag es für den guten Nachbarn klar auf der Hand, warum das Toggelli oft auf dem Majeller sass. Er sagte zu ihm: „Jää - du armer Tropf - du musst dein Guutschi alsbald anders drehen. In einer Scheune vorn auf einer Fluh kehrt man nie und nimmer die Fussete zu Berg und das Köpfend zu Tal. Lieg mit den Füssen nach unten, beileib dem Wasserlauf entsprechend!“
Er tat, wie ihm geheissen und legte fürsorglich noch jeden Abend ein schnittiges Beil auf die Bettdecke. Dann kam das Toggelli nicht mehr zum einsamen Schläfer in das Schneitweidstübli.
Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch