Der Gärbihund

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Im Dorfteil Gärbi trieb vormals zur Nachtzeit ein kohlschwarzer Hund, grösser als ein Kuhkalb, ein geheimnisvolles Wesen. Plötzlich zwischen den Häusern oder auf Gartenmauern auftauchend, querte er in mächtigen Sprüngen den Weg von späten Heimkehrern und vor Tag ausziehenden Bauersleuten. Obwohl nicht bekannt geworden ist, dass er jemals Personen angegriffen hätte, erschreckte er die Leute durch seine ungewöhnliche Erscheinung, man traute ihm böse Kräfte zu.

Eines Sommers half Kobi Greti, ein stämmiges Weibervolk aus dem Oberdorf, dem Nachbar Bauersmann beim Heuen auf dem Aenderberg. Am Morgen noch vor Tag sollten die Heuerleute im Ruderschiff über den See setzen. Alles war bereit zur Abfahrt, bis an Greti, das allweg nicht aus den Federn kam. Der Bauer, der es eilig hatte, trug vorweg Sensen und Rechen in das Schiff und liess der Heuerin bedeuten, sie könne dann nachkommen, man werde in der Ländte auf sie warten. So blieb dem Weibervolk nichts anderes übrig, als das auf sich zu nehmen, was ihm sonst von Herzen zuwider war: des Nachts allein durch das Dorf zu gehen.

Grad stichfinster war es in den Gassen nun zwar nicht, am Himmel glänzten noch die Sterne, und irgendwo über den breiten Hausdächern leuchtete der Mond. Aber, als es sich der Gärbi näherte, wurde ihm mit jedem Schritt doch unbehaglicher zu Mut. Die Leute redeten so viel vom Gärbihund, der dem Einen und Andern schon begegnet war. Wenn der jetzt dahergesatzt käme, es wüsste nicht was anstellen, er war doch kein rechter Hund, er war ein böser Geist. Oh, es würde schreien oder laufen, laufen so schnell die Beine trügen …

Man soll den Bösen nicht an die Wand malen, sonst kommt er sicher und gewiss! Ganz plötzlich stand der Hund auf der oberen Gassenseite auf der Mauer, gross, viel grösser als ein Kalb und schwärzer als die schwärzeste Nacht! Ein Augenblicklein schaute er Greti’n an, das vor Schreck wie angenagelt stehen geblieben war, sprang dann mit einem wuchtigen Satz über die Gasse und jenseits einen Pflanzplätz hinunter an den See, wo er mit einem mächtigen Platsch auf dem Wasser aufschlug und dann darin versank. - So gross war der Hund gewesen, dass sein Schwanz noch die obere Mauerkante berührte, als er mit allen Vieren bereits jenseits der Gasse stand, das hatte Greti nur zu deutlich gesehen, obschon es im ersten Schrecken fast die Besinnung verlor. Für heute war ihm aber das Heuen gründlich verleidet. Bleich wie ein Leinlachen und verstört kehrte es unsicheren Schrittes gleich wieder heimzu. Nachts durch das Dorf wäre es seither um alles Geld nie mehr allein gegangen.

In der „Wydi“, zwischen der Gärbi und dem Trachtbach, erschien der ähnliche Wydihund.

Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch

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