Im alten Alpgassen-Schulhaus mussten die Mädchen nach der Schule die Schulstube wischen. Damit ihnen die langen Stühle - aus einem einfachen Brett und drei Paar Beinen - bei der Arbeit nicht hinderlich würden, stellten sie diese auf die Schulbänke hinauf, immer einen Stuhl auf eine Bank. Es waren zwei Reihen und dazwischen ein Gang.
Wie das nun so geht, wenn junge Plappermäuler beisammen sind, es wurde zu der Arbeit viel geschwätzt und gelacht. Ein Wort gab das andere, ein Gelächter löste das andere ab und die Mädchen bekamen vor Übermut rote Wänglein wie ein Stramecherapfel.
Rief da plötzlich ein übermütiger Straupf laut und die andern überschreiend: „Aemmer-Mieti, chun! Aemmer-Mieti, chun!“ Nun war es heraus; da half kein Abwehren und kein Vorwurf und keine Angst und kein Schweigen mehr! In der ersten Bankreihe, gegen die Fenster zu, fiel auf einmal der vorderste Stuhl herunter, dann der nächste und so schön einer nach dem andern bis zuhinterst. Und als diese Reihe unten war, kam auch die andere daran, bis alle Stühle auf dem Boden lagen.
Auf diese Weise hatte das gerufene Aemmer-Mieti seine Anwesenheit kundgetan. Es hätte noch schlimmer werden können. Aber eine Warnung schien genügt zu haben; den Mädchen war der Übermut gründlich ausgetrieben. Sie brachten die Arbeit nun wohl erschrocken aber demütig und sauber zu Ende. Und mehr hatte das Mieti offenbar nicht gewollt.
Quelle: Albert Streich, Brienzer Sagen, Interlaken 1938.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch