Man munkelte von einem armen Bäuerlein im Lauterbrunnental, es wintere stets ein Haupt mehr als sein Heuvorrat vertrage. Im Herbst, nach der Alpabfahrt, als es sein Vieh in einer abgelegenen Bergweide hirtete, kam einst ein Zwerglein zu ihm, um eine Kuh zum Winternutzen zu pachten. Nach einigem Werweissen war der Bauer einverstanden, gab ihm aber keine zum Kalbern nähige, sondern das geringste, hagmagere Kühlein, das mitten im Winter an die Galt kam. Das Zwerglein wusste, dass das Bäuerlein ein armer Schlopfi war und liess sich nichts anmerken; es zog das Kühlein, das willig folgte, an der Seili fort. Im Frühjahr, am vereinbarten Tag, führte der kleine Pächter es zur Stunde wieder her. Die Kuh war feist und gab einen gewaltigen Schöpf Milch. Ein Kalb, ein Ausbund in Fleisch und Haar und Knochen, tänzelte munter nebenher.
Der Bauer sah, dass er dem Glück in den Schoss gesessen und wollte dem guten Pächter wieder ein Haupt anvertrauen. Der wies das Anerbieten entschieden ab, gab ihm aber noch einen Pachtzins, den er zwischen den Klauen des Tieres finde. Sobald der Zwerg im Wald verschwunden, sah der Bauer nach und fand etliche Gerstenkörner.
Er war nicht auf den Kopf gefallen, tat sie sorgsam auf die Seite, ahnend, dass sie ihm nach der Aussaat hundertfache Ernte bringen würden.
Als dann aber die Zeit gekommen war, sie zu säen, da waren es lauter helle, blinkende Stücke geschlagenes Gold, und der Pachtzins war grösser als der Wert von Kuh und Kalb.
So oft und so scharf er aber auch Ausguck hielt, das Zwerglein erschien nie wieder.
Quelle: Hans Michel, Ein Kratten voll Lauterbrunner Sagen. Wengen 1936.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.