In Basel wohnte nicht lange vor dem zuletzt daselbst gehaltenen Concilium ein Mann, der der Zauberei verdächtig war; der hatte eine Tochter, und als er alt zu werden begann, heiratete die ins Haus. Nicht lange nachher erkrankte der Vater, der auch schon ziemlich bei Jahren war, und er sah wohl voraus, dass er nicht mehr genesen werde. Eines Tages nun wies er mit dem Finger auf einen alten Schrank und sprach zu seinem Schwiegersohn und dessen Frau, seiner Tochter: „Lasset den Schrank ruhig stehen, wenn ich sterben sollte, es würde euch sehr gereuen.“ — Bald darauf starb der Alte.
Seine Tochter kümmerte sich nicht viel um des Vaters Warnung wegen des Schrankes, wollte selbst das Haus nicht bewohnen und in ein anderes ziehen. Ihr Mann packte also den Schrank auf den Rücken, um ihn in die neue Wohnung zu tragen, und das ging anfangs wohl und gut, auch war der Schrank nicht sonderlich schwer; je weiter er aber ging, um so schwerer wurde derselbe, so dass er am Ende seine Frau bitten musste, ihm zu helfen; so kamen sie nun mit dem Schrein in das neue Haus. Ob nun die Frau den Schrank daselbst geöffnet hat, oder was damit geschehen ist, das weiß man nicht; so viel ist aber sicher, dass, als sie mit ihrem Kindlein, welches sie gewonnen, in das Haus kam, sie wie wütend über dessen Wiege herfiel und das Würmchen töten wollte. Der Mann sprang glücklicher Weise früh genug dazu und hielt sie davon ab, holte auch einen Geistlichen, der sie belas. Der Teufel rief aber aus ihr, er werde nicht weichen, ohne sie zu töten; und so geschah es auch, und sie starb unter dem Belesen. Andern Tags ging der Mann über die Straße und ein Stein fiel oben von einer Dachrinne herab, ihm gerade ins Gesicht, wodurch er so zugerichtet wurde, dass er kaum noch einem Menschen ähnlich sah.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.