Auf Donnerstag vor Laurentii im Jahr 1474 hat man auf dem Kohliberg zu Basel, allwo die Freileute wohnten und die Freiknaben zu Gericht saßen, einen Hahnen samt einem Ei verbrannt, so er geleget hatte. Vorher schnitt der Henker den Hahnen auf und fand noch drei Eier in ihm. Dies geschah in Folge richterlichen Spruchs der Freiknaben und im Beisein einer großen Menschenmasse aus der Stadt und vom Lande, die ob dem seltenen Vorfall nicht wenig in Schrecken war, da man allzeit dafür gehalten, dass aus einem solchen Hahnenei, wenn der Hahnen sieben Jahr alt und das Ei im Mist von einer Schlange, Coluber genannt, ausgebrütet wird — Andere meinen auch die bloße Sonnenhitze tue es — ein Basilisk, ein Tier, halb Hahn, halb Schlange, hervorkomme, das, obgleich nicht größer als einige Spannen lang, furchtbarer und schrecklicher denn der größte Lindwurm oder Drache ist, da sein bloßer Blick tötet, was einem Jeden sicher weniger wunderbar dünkt, wenn man weiß, dass der Strahl seiner Augen so scharf ist, dass er selbst das härteste Gestein zersprengt. Diese fürchterliche Eigenschaft besitzt der Basilisk jedoch nur im Sonnenlichte, daher Leute, welche einmal ein solches Tier im Keller hatten, denselben das ganze Jahr verschlossen halten mussten, damit kein Sonnenstrahl hineinfiel. Auch erzählt man, dass Gebüsch oder Gras, über das der Basilisk hinwegschreitet — er kriecht nämlich nicht wie eine Schlange, sondern schreitet gerade aufgerichtet einher — augenblicklich verdorrt und aller Lebenskraft beraubt ist; als schrecklichstes Beispiel für die Kraft des ihm inne wohnenden Giftes aber gibt man an, dass, so Einer zu Pferde ein solches Tier mit seiner Lanze durchsticht, Ross und Reiter das durch die Lanze zuckende Gift auf der Stelle tötet. Einen solchen Basilisk unschädlich zu machen, d. h. zu töten, ist nur ein einziges Mittel vorhanden, es besteht darin, dass man ihm einen Spiegel vorhält, damit er sich selbst erblickt; geschieht dies, so fällt er sofort um und ist tot. Was man endlich von der Stadt Basel erzählt, dass dieselbe von dem Auffinden eines solchen Tieres ihren Namen habe, ist irrtümlich, obschon es mit dem Auffinden seine Richtigkeit hat, wie dies eine alte Chronik erzählt, welche als Stelle, wo dieser Fund geschah, den Gerberbrunnen nennt, der damals eine Quelle in einem wilden Waldtale, dem sogenannten Leimentale, gewesen sein soll.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.