Wenn man aus Rapperswil über die berühmte Brücke in das Schwyzer Dörfchen Hurden, und aus demselben auf das Feld tritt, stehen einsam drei hölzerne Kreuze am Wege. Gewöhnlich sind sie Zeichen, dass man dort in alter Zeit einen die Schweiz besuchenden römischen Kaiser von Obrigkeits wegen bewillkommte. Von diesen will es jedoch die Sage, die bekanntlich ihre eigenen Quellen hat, und die pergamentenen nicht sehr achtet, weil sie jeden Augenblick ihr räuberisch ins uralte Gebiet einfallen, besser wissen.
Nach ihr waren einst drei rapperswiler Burschen in weiter Ferne und kehrten eines Abends bei einem alten Mütterchen am Wege ein. Über'm Essen redeten sie vom lieben Schweizerland und der freundlichen Halbinselstadt, die sie geboren, und äußerten von Herzen den Wunsch, dort zu sein und die monatelange Reise ersparen zu können, um die alten Eltern schneller zu grüßen. Die Wirtin meinte, da könnte wohl Rat werden, und zauberte die drei Jungen in einen Schlaf.
Als sie aus selbem erwachten, wollte eben der Tag aufgehen und sie hörten ein Glöcklein klingen. Ei, rief der Eine verwundert aus, wär's nicht so viele Meilen, wie wollt' ich wetten, das sei das Kapuzinerglöckchen und läute zur Morgenmette! – Kaum gesagt, so fanden sie, dass sie sich auf freiem Felde befanden, und sahen die alterdunkeln Türme des Grafenschlosses über'n See herüberschauen. Erstaunt kreuzten sie sich, dankten Gott, kehrten zu den Ihrigen und pflanzten am Orte, wo sie erwacht, die drei Kreuze.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.