Sage vom Schloss Schwanau

Land: Schweiz
Kategorie: Sage

Auf einer der Inseln des Sees von Lauerz erhebt sich ein in Ruinen zerfallener alter Turm, die letzten Überbleibsel des Schlosses Schwanau. Dieses Schloss war ehemals der Sitz tyrannischer Beamten der Grafen von Habsburg, welche von hier aus, durch Felsen und Wasser geschützt, in der umliegenden Nachbarschaft die größten Gräueltaten ausübten.

Im Jahre 1308 hatte einer dieser Schlossherrn ein junges Bauernmädchen des Dorfes Arth nach seiner Insel entführt, um sie zum Opfer seiner Lüste zu machen. Er erreichte seinen Zweck, aber nicht ungestraft.

Die beiden Brüder der Geraubten lauerten dem schändlichen Entführer bei einem seiner Ausritte aus, überfielen und erwürgten ihn und warfen ihn dann in den See. Die Rache des Oberherrn fürchtend, suchten sie nach vollbrachter Tat Hülfe bei ihren Nachbarn, den Schwyzern. Diese teilten ihren gerechten Zorn, belagerten mit ihnen das Schloss, nahmen es ein und zerstörten es; seinen mittleren Turm ließen sie jedoch stehen als ein Denkmal jener Gräueltat und ihrer Rache, späterer Zeit zum Gedächtnis.

Den Entführer des jungen Mädchens aber verfolgte der Fluch jener Schandtat noch nach dem Tode. In jedem Jahre einmal, an dem Jahrestage des Verbrechens, erzittern um die Stunde der Mitternacht die Ruinen des ehemaligen Zwingherrensitzes unter heftigen Donnerschlägen - entsetzliches Wehgeschrei erfüllt den Turm - ein junges Mädchen, in einem weißen Kleide, verfolgt, eine Fackel in der Hand, auf dem Firste der Mauer einen Ritter, der ihr zu entfliehen sucht; sie aber lässt nicht ab, bis er unter schrecklichem Geheul sich in den See stürzt, der ihn sofort verschlingt; dann erst verschwindet das Fantom, um im nächsten Jahre den Verfluchten der gleichen Rache zu unterwerfen.

C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen., Leipzig 1854.

Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch.

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