Links unten am Käsenberg, den die Welschen Cousinber-nennen, liegt der tiefe Plasselbschlund; rechts erheben sich die Schweinberge. Im Sagenboden steht eine alte Hütte, wo sich die benachbarten Küher sehr oft des Abends versammelten, um ein Paar müssige Stunden zu verplaudern oder mit dem Tarokenspiel zu vertreiben. Zu ihnen gesellten sich häufig die Pottaschebrenner, die Kräuter- und Harzsammler oder sonst andre Leute, die in den Bergen zu tun hatten. Zuweilen erschien ein kleines, fremdes Männlein bei der gemischten Versammlung. Es hatte eine blassgelbe Gesichtsfarbe; aschgraue, blinzelnde, tiefliegende Augen; rotes, buschiges Haar; eine grüne Kappe auf dem Kopfe, und trug einen grauen Kittel; lange, enge Hosen von hellbraunem Zeuge und kurze Stiefel. Unter dem linken Arme hielt es stets eine Geige, weswegen man es das Spielmännlein nannte. Es verhielt sich meist ganz ruhig und still in einem Winkel, wo es sich zusammenkauerte wie ein Kater, oder wärmte sich am Feuer in halb knieender, gebückter Stellung. Wenn man es munter machen wollte, gab man ihm zu essen und trinken. Er dankte dann in einer sonderbaren, fremden Sprache, wovon man nur ein paar Worte verstehen konnte, und am Ende fing er an zu geigen allerlei alte und neue Tänze und Lieder, dass einem vor Freude das Herz samt den Füssen hüpfte, wie wenn man beim Kiltgang, bei einer Hochzeit oder Kilbe mit seiner Liebsten tanzen kann. Ja, das Spielmännlein konnte den Sennen die Zeit so schön vertreiben, dass sie sogar oft darüber ihre Pflicht und Schuldigkeit vergassen, weswegen es dann auch in den Stafeln Streit und blutige Händel gab. Oft aber geschah es auch, dass man das Spielmännlein in dem alten Hüttenwerk nirgends sehen konnte, und doch hörte man sein Saitenspiel im Sagenboden bald diesseits, bald jenseits des wilden Aergernbaches.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch