Diese Hexe, welche eigentlich Catherine Repond hiess, die man aber auch, wenn man sie aufbringen wollte, Catillon la Toascha, die Buckelkäthe, nannte, hatte, wie sie auf der Folter selbst gestand, mit dem Fürsten der Finsternis ein Bündnis geschlossen, das ihr drei Taler gekostet. Für dieses Geld hatte sie ausser anderem eine Salbe erhalten, womit sie sich die Fersen schmierte, um auf einem Besen durch die Luft zum Hexentanz fliegen zu können. Ihre nächtlichen Zusammenkünfte mit dem Bösen, durch dessen Umarmung sie beehrt und gar hoch erfreut wurde, hielt sie auf dem Moléson. Dort brütete sie auch Pläne zum Verderbnis der Menschen. So hatte sie einst den grässlichen Entschluss gefasst, die Dörfer La Tour, Epagey und Pringy durch Wasser zu verheeren, und Broc in einen Aschenhaufen zu verwandeln. Am Tage, den sie zur Ausführung ihres höllischen Vorhabens bestimmt hatte, ritt sie mit einem Besen von Villllars-volard aus durch die Luft auf den Kulm des Moléson. Kaum war sie dort angelangt, so erhob sich ein fürchterliches Gewitter mit Donner und Blitz, und es fiel ein solcher Regenstrom, wie wenn sich die Schleusen des Himmels geöffnet hätten. Auch traten allenthalben die Bergbäche aus und drohten, die nahen Weiler und Dörfer wegzureissen, besonders der Erbivuebach, der am Fusse des Berges entspringt, und der schon zu Pringy zwei Häuser zerstört hatte. Zugleich brach in Broc in mehreren Wohnungen Feuer aus. Aber zur glücklichen Stunde noch zog man in der Schlosskapelle des heiligen Johann zu Greyers die wundersame Glocke und in kurzer Zeit war alle Gefahr verschwunden. Noch jetzt indessen findet man Spuren von der drohenden Verwüstung, und unter andern auf der Alp Mongeron einen ungeheuer grossen Felsblock, den Catillon durch den Erbivuetobel herabgerollt hatte, vermutlich um das Bett des Gietzbachs zu verrammeln, wodurch die Ueberschwemmung vermehrt worden wäre. An diesem Felsblock werden noch heutzutage Spuren von Händen, Pferdehufen, Stollen (Absätzen) von Weiberschuhen und dergleichen bemerkt.
Oftmals will man auch die Catillon bald als grunzendes Schwein, bald als schnellfüssigen Hasen, den kein Jäger treffen konnte, über Felder und Wiesen laufen gesehen haben, und noch kurz vor ihrem Tode, als sie im Kerker sass, sollen die Frau Landvögtin von Greyers und noch andere Frauen, die bei ihrem Gefängnis vorübergingen, von ihrem blossen Anblick dergestalt behext worden sein, dass sie heftige Flüsse bekamen.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch