Am südöstlichen Abhange des Gibloux, eine Verlängerung des Joratgebirges, liegen, rechts an der Strasse von Freiburg nach Bulle, die Dorfschaften Vuisternens-eu-Ogoz, Villarslod und Rueyres-St. Laurent. Im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts wurden diese Gemeinden während neun Jahren anhaltend durch Hagelwetter dermassen heimgesucht und verwüstet, dass die dasigen (verwirrten) Bewohner dem grössten Jammer und Elend wegen Mangel an Nahrungsmitteln preisgegeben waren. Wurzeln und wilde Pflaumen, welsch Bolosché genannt, waren ihre kärgliche und schlechte Nahrung.
Lange wusste man nicht, welches die Ursache dieser erschrecklichen Ungewitter war; endlich entdeckte man sie durch einen Zufall. Ein Senn oder Bergmann von Villarslod gewahrte hin und wieder beim Brunnen neben dem Staffel ein buckliges Weib, welches mit einer Weidenrute und unter dem Gemurmel von unverständlichen Worten das Wasser im Troge peitschte, und sich dann eiligst in das nahe Gehölz flüchtete. Kurze Zeit nachher erhob sich vom Gipfel des Gebirges herab ein gräuliches Gewitter, mit Hagel und Schlossen (grosse Hagelkörner) begleitet, und verloren war in kurzer Zeit die saure Mühe des Landmanns; zerknickt und völlig vernichtet lagen alle Kornfelder des ganzen Geländes. Einen solchen Frevel konnte nur eine böse Hexe verrichtet haben, das war handgreiflich. Man veranstaltete sogleich eine Prozession zu dem verhängnisvollen Brunnen, um ihn zu entzaubern; allein es half nichts, und erst als man im Jahr 1731 die Hexe Catillon zu Corbières auf einem Scheiterhaufen verbrannte, konnte man zu Vuisternens, Villarslod und Rueyres wieder Frucht ernten und Brot backen, um den schreienden Hunger zu stillen.
C. Kohlrusch, Schweizerisches Sagenbuch. Nach mündlichen Überlieferungen, Chroniken und anderen gedruckten und handschriftlichen Quellen, Leipzig 1854.
Eingelesen von der Mutabor Märchenstiftung auf www.maerchenstiftung.ch